Abschied der Trillerpfeife

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Mitten in der Wirtschaftskrise steigen die Vergütungen für niedergelassene Ärzte um reichlich eine Milliarde Euro. Wunderbar! Bessere Verdienste seien jedem gegönnt. Warum nicht dem Arzt, der hilft, wenn Schmerz und Krankheit uns zu schaffen machen? Der auf dem flachen östlichen Lande – vergessen von Kassenärztlichen Vereinigungen, Jungmedizinern und Gesundheitsministerien – unter schwierigsten Bedingungen seinen Job macht? Warum sollte es nicht diese hoch angesehene Berufsgruppe sein, die von den Wellen der Krise umspült wird wie das Südseeinselchen vom warmen Wasser der Lagune?

Vielleicht, weil die Millionen kurz nach einer Honorarreform fließen, die bereits zwei von drei Ärzten deutlich höhere Einkommen brachte. Dennoch gab es Praxisschließungen, Proteste, Rufe nach Sofort-Kasse. Das wirft nicht das beste Licht auf die Branche. Ganz abgesehen von den Bestechlichkeitsvorwürfen an Arztpraxen, die rechtswidrig Geld für Patienteneinweisungen von Kliniken annahmen. Auch die Begründung für höhere Honorare im nächsten Jahr wirkt konstruiert: Man geht davon aus, dass die Menschen kränker werden. Wieso eigentlich, wo doch die Industrie gern erklärt, dass ihre Forschung ständig bessere Therapien, Diagnostika und Arzneimittel hervorbringt? Es drängt sich wirklich der Verdacht auf, dass hier eine Wählergruppe beruhigt werden soll, die sich öffentlich gut mit der Trillerpfeife in Szene setzen kann und die nun angeblich nicht mehr protestieren wird. Übrigens werden die Honorare aus Beiträgen der Versicherten bezahlt und denen wird ja alle paar Wochen mit Zusatzbeiträgen gedroht. Jetzt gibt es dafür noch einen Grund mehr.

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