Rotfuchs verdrängt Polarfuchs

Studie: Populationen vieler arktischer Tierarten schwinden infolge des Klimawandels

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Klimawandel hat schon jetzt drastische Konsequenzen für die Tier- und Pflanzenwelt der Arktis. Eine mehrjährige Studie zeigt detailliert, wie die Erderwärmung das ökologische Gleichgewicht in der Nordpolarregion verschiebt.

»Auf der Erde, in der Luft, zu Wasser – egal wo wir hinschauen, sehen wir Zeichen schneller Veränderungen«, sagt Studienleiter Eric Post von der amerikanischen Penn State Universität. Im Fachjournal »Science« (Bd. 325, S. 1355) dokumentiert der Biologe die einschneidenden Folgen des Klimawandels. Demnach ist die Mindesteisdecke auf dem Meer in den letzten 20 bis 30 Jahren um jährlich rund 45 000 Quadratkilometer zurückgegangen. Das entspricht etwa der Fläche von Niedersachsen. Und auch an Land schwindet das Eis zunehmend: Der Schneefall beginnt später im Jahr, die Schneeschmelze setzt früher ein.

Darunter leiden besonders jene Tiere, die zur Fortpflanzung, Futtersuche oder zum Schutz vor Feinden auf eine Eis- oder Schneedecke angewiesen sind. Post erläutert dies am Beispiel der Ringelrobben: Diese bringen ihren Nachwuchs in Höhlen oder Spalten unter Schneewehen zur Welt. Stürzen diese Hohlräume schon im zeitigen Frühjahr bei starken Regenfällen ein, so sind die Jungtiere schutzlos sowohl der Kälte als auch Raubtieren ausgesetzt.

Dezimiert sind der Studie zufolge auch die Bestände von Eisbär, Mützenrobbe, Pazifischem Walross, Narwal und Elfenbeinmöwe. Polarfüchse wer- den zunehmend von Rotfüchsen verdrängt, die sich bei den wärmeren Temperaturen auch in nördlichen Gefilden zunehmend heimisch fühlen. Bäume und Sträucher dringen ebenfalls nordwärts vor. Ihnen folgen Moschusochsen und Rentiere, die durch ihre Lebensweise und ihren Dung wiederum die Bedingungen für das Wachstum von Gräsern verbessern. Dies lockt Gänse an, welche das ökologische Gleichgewicht der Seen verändern.

Während Rentiere vom Klimawandel profitieren und sich stärker fortpflanzen, geht die Zahl der Karibus auf Grönland der Studie zufolge zurück. Diese Tiere können offenbar ihr Fortpflanzungsschema nicht an die veränderten Bedingungen anpassen. Gerade wenn die trächtigen Muttertiere die meisten Nährstoffe brauchen, fällt das Angebot inzwischen spärlicher aus, so dass weniger Jungtiere überleben. Unter dem Karibu-Schwund leidet wiederum die Urbevölkerung der Inuit, die den Tieren seit Jahrtausenden nachstellt. »Sämtliche Inuitjäger an meinem Untersuchungsort in Grönland haben die Karibujagd aufgegeben«, sagt Post.

Die von dem Forscher beobachteten Veränderungen dürften erst der Beginn eines größeren Umbruchs sein. In den vergangenen 150 Jahren stieg die Temperatur in der nördlichen Polarregion um etwa ein Grad. Bis Ende dieses Jahrhunderts prognostizieren Klimaforscher eine Zunahme um sechs Grad. »Die Arktis, wie wir sie kennen, kann schon bald der Vergangenheit angehören«, sagt Post.

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