»Gürtel« um Spaniens Konservative zieht sich zu

Korruptionskandal rund um PP-Politiker Correa schlägt hohe Wellen

  • Lesedauer: 4 Min.
Von Ralf Streck, San Sebastián

Die nach dem Politiker Francisco Correa benannte Korruptionsaffäre »Gürtel« bei der konservativen Volkspartei (PP) Spaniens zieht immer weitere Kreise. Der Skandal reicht bis in die Regierungszeit des damaligen Ministerpräsidenten José María Aznar, der von 1996 bis 2004 an der Macht war, zurück.

Lange versuchte die spanische Volkspartei (PP) die Lage so darzustellen, als versuchten linke Zeitungen einen Korruptionsskandal zu inszenieren, um vom Versagen der sozialistischen Regierung in der Wirtschaftskrise abzulenken. Die Krise sorgte dafür, dass die PP zum Beispiel die Europawahlen im Mai klar gewann. Das geht nun nicht mehr, seitdem der Vorhang über einen Teil der geheimen Ermittlungen gehoben wurde. Der Untersuchungsrichter hat die Freigabe von 17 000 Aktenseiten verfügt und nun prangen auch Schlagzeilen in Zeitungen, die der PP sehr nahe stehen.

Mit den Luxusanzügen von Francisco Camps, dem Präsidenten der Region Valencia, tauchte die PP in den Sumpf ein. Die erhielt er von einem Unternehmensgeflecht, in dessen Mitte Francisco Correa stand. Der soll sich mit Geschenken politische Entscheidungen und Aufträge erkauft haben. »Correa« heißt auf Deutsch »Gürtel« und unter diesem Decknamen wurden die Ermittlungen geführt. Hatte man in der PP zunächst die »Geschenke« gerechtfertigt, behauptete Camps dann plötzlich, sie in bar bezahlt zu haben. Doch Isabel Jordan, eine Vertraute von Correa, hatte erklärt: »Die Anzüge habe ich bezahlt«. Vom Luxusladen »Milano« erhielt sie dafür eine Rechnung über 34 336 Euro, die sich in der Steuererklärung ihrer Firma Easy Concept findet.

Doch das sind längst Peanuts am Rande. Auch mit Sportwagen, teuren Uhren und weiteren Luxusartikeln bedachte Correa etliche PP-Politiker. Wie Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Italien, bot auch Correa Politikern besondere weibliche Dienstleistungen an. Aufgeführt werden Gefälligkeiten in einer Höhe von fünf Millionen Euro, wobei Ermittler von viel höheren Summen ausgehen. Wie ein Ölfleck breitet sich die Korruptionsgeschichte über der PP aus. Die PP-Chefin der Region Madrid hat nun am Donnerstag die Reißleine gezogen und drei Stadträte geschasst, die im Sumpf stecken. Esperanza Aguirre führt damit den PP-Chef Mariano Rajoy vor, der sich stets schützend vor Camps und Konsorten gestellt hat. Aguirre begibt sich in die Startlöcher, um Rajoy an der PP-Spitze abzulösen. Der ist nach zwei Wahlniederlagen gegen den Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero angeschlagen und könnte nun über den Korruptionsskandal stürzen.

Ohnehin darf man davon ausgehen, dass sich die PP über Correa illegal finanzierte. Darauf wiesen schon die Verwicklungen des PP-Schatzmeisters Luis Bárcenas hin, der trat zurück und soll 1,35 Millionen Euro erhalten haben. Doch nun hat man es schriftlich. Der Ex-Organisationssekretär der PP in Galicien, Pablo Crespo zeigte sich in einem im Knast abgehörten Gespräch mit seinem Anwalt besorgt über die Auslandskonten in der Schweiz. Er wies seinen Anwalt an, diese aufzulösen. Dem erklärte er, die Buchhaltung der Partei stelle »große juristische Probleme« dar. Dort fänden sich »Einnahmen«, deren Herkünfte nicht verzeichnet seien. Er fragte: »Wann verjähren solche Sachen« und sein Anwalt meinte, im Fall von »illegaler Finanzierung« nach zehn Jahren.

Nun ist auch klar, dass das Correa-Netz auch in den Wahlen in Galicien 2001 eine Rolle spielte, die dem PP-Gründer und Ex-Minister der Franco-Diktatur dort erneut zur absoluten Mehrheit verhalf. Ohnehin war Crespo Vertrauter von Manuel Fraga und er habe den Parteigründer informiert. Bei seinem Ausscheiden habe er Frage über die Konten informiert und eine Kopie mit der gesamten Information übermittelt, sagte Crespo.

Auch der Name von Fragas Nachfolger an der PP-Spitze ertönt immer öfter. Es ist wohl kein Zufall, dass Correa sein Netz ausgerechnet in der Regierungszeit von José María Aznar gesponnen hat. So erklärte Correa vor dem Ermittlungsrichter, in Aznars Regierungszeit von 1996 bis 2004 Aufträge der staatlichen Flughafenbehörde AENA in Millionenhöhe erhalten zu haben. Der damalige Infrastrukturminister Francisco Alvarez Cascos soll für eine Vorzugsbehandlung gesorgt haben. Hunderte Millionen sollen aus öffentlichen Aufträgen an das Firmennetz von Correa geflossen sein.

Correa organisierte auch überall in Spanien für Millionen die Veranstaltungen der PP. Eine zentrale Brückenfunktion dürfte der Schwiegersohn von Aznar gespielt haben. Alejandro Agag taucht in Correas Büchern als Begünstigter auf, der wiederum der Trauzeuge bei Agags Heirat mit Ana Aznar war. Der ehemalige Generalsekretär der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament ist auch Vertrauter Berlusconis und Geschäftspartner von Formel-1-Größen wie Flavio Briatore oder Bernie Ecclestone.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal