Spekulationen vor dem ersten Gong

Weltmeister Jack Culcay-Keth fehlt bei den 87. deutschen Boxmeisterschaften in Berlin

In Berlin stehen zwei Jubiläen an: Nach zwei Jahrzehnten kommen bis zum Sonnabend erstmals wieder deutsche Meisterschaften im Amateurboxen nach Berlin. 1989 waren es noch die Titelkämpfe des altbundesdeutschen Verbandes. Und ebenfalls 20 Jahre ist es her, als die letzten DDR-Meisterschaften in Rostock ausgetragen wurden.

Für das heute startende Turnier in der Charlottenburger Sömmeringhalle haben 95 Kämpfer gemeldet, darunter fünf der elf Titelverteidiger: Andreas Robitsch (Halle/Halbfliegen), Ronny Beblik (Chemnitz/Fliegen), Artur Schmidt (Marl-Hüls/Leicht), Terence Vorrath (Frankfurt/Oder/Mittel) und Erik Pfeifer (Lohne/Superschwer).

Und einmal mehr kämpft die deutsche Amateurszene um ihren Ruf. Nach der größten Olympiapleite seit 80 Jahren, als 2008 in Peking alle vier deutschen Boxer schon nach dem ersten Kampf ausschieden, zeichnete sich bei den WM vor gut sechs Wochen in Mailand ein erster Hoffnungsschimmer durch den Titelgewinn von Weltergewichtler Jack Culcay-Keth (Darmstadt) – dem ersten deutschen WM-Gold seit 14 Jahren – und der Bronzemedaille von Beblik ab. Hinzu kamen drei fünfte Plätze durch Eugen Burhard (Osnabrück/Leicht), Konstantin Buga (Velber/Mittel) und René Krause (Leverkusen/Halbschwer).

Doch nun droht dem Deutschen Boxsport-Verband (DBV) ein herber Rückschlag. Noch bevor der erste Gong in Berlin ertönt, gibt es wilde Spekulationen. Ausgerechnet das Zugpferd Culcay-Keth hat kurzfristig seinen Startverzicht erklärt, nachdem der 24-Jährige zuvor noch vollmundig vom Hattrick gesprochen hatte, den er sich nach seinen Titelgewinnen von 2007 und 2008 erfüllen wolle. Jetzt aber erklärte der gebürtige Ecuadorianer: »Ich habe seit fast zwei Jahren ohne Ausnahme jedes Turnier geboxt. Jetzt brauche ich eine Auszeit, um mich zu regenerieren.«

Offenbar ist es eher eine Auszeit, um seinen Wechsel ins Profilager früher als geplant zu vollziehen? Die drei Jahre bis Olympia 2012 in London wolle er noch durchhalten, hatte er nach seinem WM-Triumph verkündet. Die Wirklichkeit sieht anders aus. »Zur Zeit stehe ich in Verhandlungen mit dem Boxstall Universum über einen Profivertrag. In zwei Wochen fällt eine Entscheidung. Die Chancen stehen 50:50«, so Culcay-Keth. Der DBV muss in London wohl auf sein Aushängeschild verzichten.

Immerhin steigt der elffache deutsche Meister Sven Ottke in den Ring der Sömmeringhalle. Ottke, der als Profi zwischen 1998 und 2004 in 34 Kämpfen ungeschlagen blieb 23 mal seinen WM-Gürtel verteidigte, wird am Sonnabend als zweiter deutscher Boxer nach Max Schmeling (1992) für die Aufnahme in die »Hall of Fame« des deutschen Sports nominiert.

Zeitplan: Mittwoch: 15 Uhr und 19.30 Uhr Achtelfinals. Donnerstag: 15 und 20 Uhr Viertelfinals. Freitag: 15 und 20 Uhr Halbfinals. Sonnabend: 18 Uhr Finals.

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