Folter aus der Jukebox

Protest gegen die Beschallung von Gefangenen in Guantánamo

  • Harald Neuber,
  • Lesedauer: 2 Min.
Gerechtigkeit à la Guantanamo: Das Ende der Fahnenstange
Gerechtigkeit à la Guantanamo: Das Ende der Fahnenstange

Prensa Latina

Der Ablauf war immer gleich. Abrupt wurden die Gefangenen in Guantánamo aus ihren Käfigen gezerrt. Man setzte sie in einen fensterlosen und sterilen Raum. Lichtblitzgeräte blendeten sie, aus Hochleistungsboxen in unmittelbarer Nähe dröhnte ohrenbetäubende Musik. Mit der Tortur wurde in Guantánamo jedes Verhör eingeleitet. Diese visuelle und akustische Folter wird in einschlägigen Handbüchern des US-Militärs empfohlen. Den Inhaftierten soll dadurch der Orientierungssinn genommen werden. Verhörexperten versprechen sich so schnellere Ergebnisse.

Jetzt stellte das Nationale Sicherheitsarchiv, eine unabhängige Forschungseinrichtung an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt, knapp zwei Dutzend Dokumente vor, die von diesem Missbrauch berichten. An die Dokumente waren die Forscher mit Hilfe des US-amerikanischen Informationsfreiheitsgesetzes gelangt. »In Guantánamo«, sagt Thomas Blanton, der Direktor des Archivs, »wurde eine Jukebox in ein Folterinstrument verwandelt«. Musiker, deren Musik von den Folterern benutzt wurde, haben sich in die Kampagne eingeschaltet. Unter ihnen sind Tom Morello und Trent Reznor von »Range against the Machine« und den »Nine Inch Nails«. In ihrem Auftrag hat Blanton nun die Freigabe der Akten aller US-Institutionen beantragt, die mit akustischer Folter in Verbindung stehen. Man wolle wissen, sagt der Archivchef, wie die Musik ausgewählt wurde und welche spezifische Rolle sie bei den Verhören gespielt hat. »Guantánamo ist weltweit als einer der Orte bekannt geworden, in denen Menschen gefoltert wurden«, sagte Tom Morello, der Gitarrist der Crossover-Band »Rage against the Machine«. Dies möge Dick Cheneys Idee von Amerika entsprechen, so Morello mit Verweis auf den Vizepräsidenten George W. Bushs. Seiner Idee des Landes entspreche dies nicht.

Den Aktivisten vom Nationalen Sicherheitsarchiv, den betroffenen Musikern und natürlich den Folteropfern geht es nun darum, dass Ausmaß dieser Menschenrechtsverletzungen zu erfassen. »Es gibt erdrückende Beweise darüber, dass die andauernde Beschallung mit lauter Musik ein wesentlicher Bestandteil des US-Folterarsenals von Guantánamo über Irak bis hin zu den illegalen CIA-Gefängnissen in aller Welt war«, sagt Jayne Huckerby vom Internationalen Menschenrechtszentrum an der Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität von New York. Dies gehe aus zahlreichen Aussagen ehemaliger Gefangener hervor.

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