Nordhorn macht sich Mut

Entscheidung über niedersächsischen Luft-Boden-Schießplatz naht

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf dem Luftwaffen-Übungsplatz Nordhorn erhöht sich die Flugfrequenz nach dem Aus für das Wittstocker »Bombodrom« wider Erwarten nicht. Eine Klage gegen den Übungsplatz ist in der entscheidenden Phase – und der politische Druck wächst.

Es gibt einiges, das Nordhorn in Niedersachsen und Wittstock in Brandenburg verbindet. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit der Friedenssäule. In den Neunzigern waren die Wittstocker sehr freigiebig mit solchen Mahnmalen, oft naturnahes Schnitzwerk. Sie wurden aus Verbundenheit in andere Orte geliefert, in denen sich Bürger ebenfalls gegen das Militär und Militärübungsplätze wehrten. Unter anderem durch solche symbolischen Aktionen spielte sich die Bürgerinitiative »Freie Heide« seit der Wende auf die politische Agenda.

In Nordhorn aber sorgte das Mahnmal – ein hübsch beschnitzter Baum, Aufschrift »Rüstung tötet auch ohne Krieg« – zunächst für Ärger. Der Slogan erregte Anstoß, die Säule durfte nicht aufgestellt werden. In die Stadt gelangt ist sie dann trotzdem: Am Antikriegstag 2007 von Demonstranten provisorisch auf Kirchengrund befördert. Ein Jahr später hat sich die Stadt die Säule dann doch noch offiziell übergeben lassen.

Nordhorn und Wittstock eint ein Gefühl der Verbundenheit – mit dem Unterton der Konkurrenz. Denn Nordhorn ist, was auch aus Wittstock hätte werden sollen: ein unmittelbarer Nachbar eines Bombenabwurfplatzes der Bundeswehr. Bei Nordhorn besteht schon seit 1933 ein Truppenübungsplatz, nach dem Krieg wurde er von der britischen Luftwaffe als Schießplatz übernommen, 2001 dann von der Bundeswehr. Bis zu 1000 »Einsätze« im Jahr sind in »Nordhorn Range« erlaubt. Das ist zwar weniger als in Hochzeiten des Kalten Kriegs, aber noch immer eine Menge; Anwohner klagen vor allem über den »überfallartigen Lärm« der Jets. Auch in Nordhorn gibt es schon lange Bürger, die sich gegen den Schießplatz wehren – allerdings ohne den großen Erfolg.

Zuletzt waren die Nordhorner Schießplatzgegner sogar sehr in Sorge, und auch das hatte mit Wittstock zu tun: Als man auf dem dortigen »Bombodrom« seinen Sieg feierte, bangte Nordhorn, ob dies eine Heraufsetzung der Flugfrequenz vor der eigenen Haustür nach sich ziehen würde.

Dies wird nun nicht passieren, so viel hat sich in den letzten Tagen geklärt. Nach einem Erörterungstermin klagender Kommunen vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück hat dies Alice Greyer-Wieninger vom Bundesverteidigungsministerium bestätigt. Auch in der Hauptsache naht die Stunde der Wahrheit. Ein Gerichtssprecher hat eine »Entscheidung im ersten Quartal 2010« angekündigt.

Es ist nicht der erste Prozess, den Gegner des Schießplatzes angestrengt haben; zwei sind bereits gescheitert. Diesmal geht es um formale Fragen: War die Übergabe des Geländes eine Umwidmung? Wenn ja, hätte die Bundeswehr das Gelände nicht ohne neue Beteiligungsverfahren weiterbetreiben dürfen. Die Klägergemeinden geben sich optimistisch, zumal der politische Druck wächst. Inzwischen sind es nicht nur Nordhorns Bürgermeister Meinhard Hüsemann (SPD) oder der zuständige CDU-Landrat, die auf eine Schließung dringen. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hat sich gegen »Nordhorn Range« positioniert.

Um den Druck auszubauen, rufen die Schießplatzgegner nun für den 28. November zu einer großen Demonstration auf. Diesmal dürften Beiträge aus Wittstock hochwillkommen sein.

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