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Diner des Grauens

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

Das ist grauenvoll«, befand Bill Bennett. Mit seinem Verdikt meinte der CNN-Kommentator die tiefe Verbeugung von US-Präsident Barack Obama vor dem japanischen Kaiserpaar in Tokio. Wirklich Grauenvolles begann am Donnerstag, als Japans Walfangflotte in die Antarktis auslief. Walfang? Fangen bedeutet: »ein Tier oder jmdn. verfolgen und es oder ihn fassen, ergreifen und festhalten«. So steht es im »Bertelsmann Wörterbuch der deutschen Sprache«. Das mörderische Abschlachten der intelligenten Säuger auf den Weltmeeren hat damit nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die rund 9000 Zwergwale, die Nippons Flotte in den vergangenen Jahren zu »Forschungszwecken« massakrierte, wurden in der Regel mittels im Körper explodierender Harpunen »gefangen«. Der Staat unterstützt dieses »Wissenschaftsprogramm« alljährlich mit Millionenbeträgen, obwohl es nie ein Geheimnis war, dass das Fleisch in Delikatessenläden und Spezialitätengaststätten landet. Zum Wal- kommt der Dummenfang. Immerhin: Die neueste Ausgabe des Restaurantführers »Guide Michelin« verzeichnet für die japanische Hauptstadt erstmals mehr Drei-Sterne-Restaurants als Paris. Damit, so Michelin, »behauptet Tokio seinen Platz als Welthauptstadt der Gastronomie«. Die Gourmet-Szene bleibt von der Waltragödie ungerührt. Auch das ist grauenvoll.

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