Schavans Hintergedanken

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Annette Schavan erweist sich derzeit als geschickte Taktikerin. Den Studentenprotesten nahm sie mit der Ankündigung, das Bafög jetzt doch erhöhen zu wollen, den Wind aus den Segeln. Doch die CDU-Bundesbildungsministerin hat dabei einen Hintergedanken. En passant soll mit der Bafög-Erhöhung der Ausbau des Stipendiensystems von den Ländern durchgewinkt werden. Dieses Vorhaben gehört schon seit Jahren zum bildungspolitischen Lieblingskind Schavans.

Stimmen die Bundesländer zu, bedeutet dies einen Paradigmenwechsel in der Studienfinanzierung – weg von einem gesetzlich garantierten Recht auf Studienförderung, hin zu einem auf das Wohlwollen der Geldgeber angewiesenen System der Studienförderung. Das sei nicht besonders schlimm, beschied Schavan vor Wochenfrist den Kritikern, schließlich sollen alle Begabten, also auch die aus einkommensschwachen Familien, gleichermaßen in den Genuss von Stipendien kommen.

Das zu denken, ist reichlich naiv. Schon heute stammt der Großteil der Stipendiaten aus bildungsnahen, finanziell gut gestellten Familien. Förderlich für den Zugang zu den Stipendien sind dabei jedoch weniger die Geldbeutel der Eltern, sondern eher jene Kulturkompetenzen, die man gemeinhin im akademisch gebildeten Milieu erwirbt. Selbst jene Arbeiterkinder, die im gegliederten Schulsystem die Selektion erfolgreich durchlaufen haben, scheitern in der Regel an den »geheimen« Codes des Auswahlverfahrens. Schavan sind diese Milieu-Codes übrigens durchaus bekannt: Die heutige Ministerin leitete von 1988 bis 1995 das katholische Begabtenförderungswerk Cusanus.

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