Hirten des Horrors

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Sogar im Falle, dass ein Priester eine Missetat begangen hat, untersteht er keinem öffentlichen Gericht.« Zumindest dieser Aspekt in der vor knapp 500 Jahren von Thomas Morus verfassten Schrift »Utopia« wurde über Jahrzehnte in Irland mit viel Einfallsreichtum umgesetzt. Katholische Priester hatten Hunderte Kinder, die sich in ihrer »Obhut« befanden, sexuell missbraucht. Die Kirchenleitung vertuschte diese Verbrechen – mit Duldung und Förderung der staatlichen Behörden.

Die jetzt im Auftrag der Dubliner Regierung veröffentlichte Untersuchung ist ein Blick in Abgründe. Abgründe, die umso schauerlicher sind, als sie von jenen aufgerissen wurden, die als Inkarnationen einer Moral gelten, die der Papst – wenn er denn die Macht hätte – gern allen Menschen oktroyierte. Die Erbärmlichkeit der Gottesdiener, sich an den vertrauensseligsten und zugleich schwächsten Wesen der menschlichen Gemeinschaft zu vergehen, um die eigenen, von klerikal-bigotter Dumpfheit umnebelten Gelüste zu befriedigen, ist schwer zu überbieten. Höchstens durch die von Erzbischöfen geübte Praxis, diese Hirten des Horrors vor weltlicher Strafe zu schützen. Und zwar »routinemäßig«, wie es im Report heißt. Bei dem hohen Ansehen, das Amtsträger der Kirche nicht nur im katholischen Irland öffentlich und bei staatlichen Stellen genießen, funktionierte das bestens. Irland, USA, Australien, Österreich, Polen, Deutschland ... Wären die jetzt bekannten Dimensionen sexuellen Missbrauchs einer sogenannten Sekte angelastet worden – der Verein wäre vermutlich längst verboten. Aber die katholische Kirche bleibt natürlich weiter ein unverzichtbarer Hort höchster Sittlichkeit.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal