Unbequem

Peter Sawicki / Schwarz-Gelb will den pharmakritischen Institutsleiter loswerden

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.

Als die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahre 2004 ein neues Institut aus der Taufe hob, befürchtete man bei der Pharmaindustrie das Schlimmste. Denn jenes »Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)« sollte vor allem Medikamente und Behandlungsmethoden auf deren tatsächlichen Nutzen prüfen. Zum Institutsleiter wurde der Diabetes-Experte Peter T. Sawicki bestellt. Dem gebürtigen Warschauer eilte sein guter Ruf voraus. Schließlich war der Facharzt für Innere Medizin viele Jahre Mitherausgeber des pharmakritischen Fachblatts »arznei-telegramm«.

Zwar warfen ihm Kritiker nach seiner Berufung vor, er sei zu zahm, doch nach dem Ausscheiden Ulla Schmidts zeigte Sawicki plötzlich Zähne. So forderte er kürzlich eine »Veröffentlichungspflicht für alle klinischen Studien«. Hintergrund war ein Streit mit dem Pharmakonzern Pfizer, der wichtige Studienergebnisse zu drei Antidepressiva unter Verschluss gehalten hatte. Wie Sawicki kritisierte, sei es gängige Praxis der Multis, unliebsame Studien über wirkungslose Medikamente nicht zu veröffentlichen. Bereits kurz zuvor hatte der Mediziner die Pharmalobby geschockt: Im Oktober präsentierte Sawicki »Methoden zur Bewertung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen« sämtlicher Medikamente. Selbst Präparate, die bereits auf dem Markt sind, sollten demnach mit einer »Preisempfehlung« seines Instituts versehen werden. Somit hätte das IQWiG den Konzernen Preise diktieren können.

Kein Wunder, dass die schwarz-gelbe Koalition nun eine »Neuausrichtung« des Instituts plant, wie das Nachrichtenmagazin »Spiegel« am Montag berichtete. Im Rahmen dieses Umbaus soll der Institutsleiter Sawicki im kommenden Jahr durch einen »industriefreundlichen« Gesundheitsmanager ersetzt werden. Dahinter steckt offenbar die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Denn das IQWiG prüft auch die oft fragwürdige Medikamentenvergabe in Krankenhäusern. Oftmals stellen die dortigen Ärzte ihre Patienten auf teure Medikamente ein, die ihnen ein niedergelassener Arzt niemals verschreiben dürfte. Ein Milliardengeschäft zwischen Krankenhausbetreibern und Pharmakonzernen zu Lasten der Kassen, die Sawicki übrigens im Amt belassen wollten.

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