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Wien greift durch

Rentenregelung lockt EU-Ausländer an

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Das österreichische Sozialsystem ist so gut, dass es Rentner aus anderen EU-Staaten anlockt. Denn auch die erhalten eine Aufstockung, wenn sie unter 733 Euro Monatsrente haben. Ein Gesetz soll Missbrauch stoppen.

Die »Kronen Zeitung«, Österreichs Zentralorgan für Europhobie, wusste schon von einer »unglaublichen EU-Schlamperei« zu berichten: »Ost-Pensionisten kassieren in Österreich ab!« Tatsächlich gibt es ein Problem. Doch das hat nur am Rande mit der EU zu tun, und schon gar nichts mit Schlamperei. Denn die Politik steuert dagegen, ehe es wirklich teure Dimensionen annehmen kann.

Darum geht es: Wer in Österreich lebt und einen Pensionsanspruch von weniger als 733 Euro hat, erhält die Differenz in Form der Ausgleichszulage. Da sich EU-Bürger in jedem beliebigen EU-Land niederlassen dürfen, könnte für ausländische Kleinstrentner eine Übersiedelung nach Österreich lukrativ sein. Insbesondere in den Staaten Ost- und Südosteuropas, wo Rentner oft mit 100 Euro oder nur wenig mehr auskommen müssen, könnte Österreich wie ein Schlaraffenland wirken.

Bislang dürfte sich das dort allerdings noch nicht weit herumgesprochen haben. Bei der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt (PVA) sind derzeit nur etwa 540 Ausgleichszulagenbezieher aus dem Ausland registriert. Und von denen kommen fast 400 aus Deutschland. Darunter sind auch Österreicher, die lange Zeit in Deutschland gelebt haben und in der Rente die Vorteile des österreichischen Systems ausnützen. Wenn tatsächlich in Österreich lebende Ausländer oder ehemalige Österreicher die Ausgleichszulage beantragen, ist das nicht illegal. Das wird es erst, wenn ein Wohnsitz in der Alpenrepublik nur vorgetäuscht wird. Gerüchte, wonach in einer einzigen Wiener Wohnung 30 bulgarische Zulagenberechtigte gemeldet seien, kann PVA-Sprecher Johannes Pundy nicht bestätigen. Dass es aber Missbrauch mit steigender Tendenz gibt, steht außer Zweifel.

Die Regierung hielt es daher für angebracht, dem drohenden großen Rentenbetrug vorzubeugen. Denn der ist doppelt interessant für Osteuropäer, weil er auch eine Krankenversicherung einschließt. Im Parlament liegt bereits ein vom Ministerrat beschlossener Entwurf für ein Sozialgesetz, das die Beweislast umkehrt: Ein Wohnsitz in Österreich muss künftig nachgewiesen werden. Pundy: »Wir werden einen Mietvertrag, Meldezettel oder sonstige Unterlagen verlangen, sonst stellen wir die Zahlungen ein.« Bei Missbrauchsverdacht wird die Ausgleichszulage nur noch bar ausgezahlt. Wer nicht wirklich in Österreich lebt, kommt an das Geld nicht mehr heran.

Beschlossen werden soll das Gesetz noch im Dezember – und es wird auch gar nicht so wenige Österreicher treffen, die sich wegen der geringeren Lebenshaltungskosten in der ungarischen, slowenischen oder tschechischen Grenzregion angesiedelt haben. Auch sie werden künftig keine staatlich finanzierte Rentenaufbesserung erhalten, wenn sie in Österreich keinen Wohnsitz mehr haben.

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