Endlosschleife Nürburgring

In der Affäre um den Umbau der Rennstrecke wächst der Druck auf den SPD-Regierungschef

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Affäre um den Nürburgring zieht weitere Kreise. Am Wochenende wurde bekannt, dass zu einem weiteren involvierten Geschäftsmann Einträge im Bundeszentralregister geben soll. Dort sind alle rechtskräftigen Verurteilungen einer Person eingetragen. Der SPD-Landesregierung wird vorgeworfen, sich zu spät kundig gemacht zu haben.

Der Mainzer Regierungschef Kurt Beck (SPD) gerät im Zusammenhang mit der Nürburgring-Affäre immer stärker unter Druck. Beim Oppositionsführer im rheinland-pfälzischen Landtag, Christian Baldauf (CDU), sieht es zwar nicht viel besser aus, doch kann dieser immerhin auf bessere Umfragewerte verweisen. Die SPD liegt zur Zeit, wie berichtet, knapp hinter dem bürgerlichen Lager.

Die FDP fordert inzwischen mit Nachdruck, dass die Landesregierung in der Affäre bislang vertrauliche Unterlagen der Öffentlichkeit zugänglich macht. CDU-Fraktionschef Baldauf warf der Regierung ebenfalls mangelnde Aufklärung vor und verglich den Skandal mit einem Adventskalender; täglich werde ein neues Türchen geöffnet, das Einblick in weitere Ungereimtheiten gewähre. Ein Untersuchungsausschuss prüft zur Zeit, ob die SPD-geführte Landesregierung bei der Finanzierung der »Erlebniswelt Nürburgring 2009« Betrügern aufgesessen ist. Die Affäre hatte vor wenigen Monaten zum Rücktritt von Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) geführt.

FDP: Zu spät nachgefragt

Wie am Wochenende bekannt wurde, soll es bei einem weiteren Geschäftsführer des hessischen Unternehmens Pinebeck, das geschäftliche Kontakte zur Nürburg-Ring Geschäftsführung hatte, Einträge im Bundeszentralregister geben. In diesem Register sind alle rechtskräftigen Verurteilungen einer Person eingetragen. Die Staatsanwaltschaft in Koblenz bestätigte diese Einträge, die allerdings nicht mehr relevant seien. Vermerke beim Bundeszentralregister werden nach 20 Jahren gelöscht. Das Unternehmen, so war ursprünglich geplant, sollte die Immobilien am Nürburgring erwerben und das Geld dafür über ein Geschäft mit amerikanischen Lebensversicherungen beschaffen. Die Liberalen im Mainzer Landtag werfen nun der Beck-Regierung vor, sich zu spät im Bundeszentralregister kundig gemacht zu haben. Die Mainzer Staatskanzlei hätte dazu rechtlich die Möglichkeit gehabt.

Es sei unfassbar, was in der Eifel passiert sei, attackiert der FDP-Abgeordnete Günter Emyael den Ministerpräsidenten: Es gebe erste Entlassungen am Ring, die Ausbaukosten lägen bei inzwischen 350 Millionen Euro und bei der Zahl der zu erwartenden Besucher hätten sich die Veranstalter total verschätzt.

Regierungschef Beck verweist auf den inzwischen fristlos entlassenen Nürburgring-Hauptgeschäftsführers Walter Kafitz, dessen Vertrag noch vier Jahre Bestand gehabt hätte. Er soll laut Beck dem Aufsichtsrat verschwiegen haben, dass eine Tochtergesellschaft der Nürburgring GmbH offenbar kurz vor der Insolvenz stand. Stattdessen soll Kafitz eine Finanzspritze in Millionenhöhe an die Tochtergesellschaft veranlasst haben.

Beck räumt Fehler ein

Beck hat inzwischen Fehler in der Affäre eingeräumt, zugleich aber bestritten, dass »der Steuerzahler für dieses Investment in Anspruch genommen wird«. Er könne, so der Mainzer Regierungschef, aber nicht ausschließen, dass sich in den Aktenbergen manches finde, was kritikwürdig sei. Ein deutlicher, wenn auch verklausulierter Hinweis auf Schieflagen bei dem Millionenprojekt.

Unterdessen haben die Staatsanwaltschaften in Landau und Frankenthal mitgeteilt, dass sie gegen den CDU-Abgeordneten Michael Billen und seinen früheren Kollegen Peter Dincher ermitteln wollen. Beide hatten eingeräumt, über Polizisten – in Billens Fall handelt es sich um dessen Tochter – und das polizeiliche Informationssystem an Daten zu Geschäftspartnern der Nürburgring GmbH gelangt zu sein.

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