Opposition kritisiert »Staatsbankrottprogramm«

Schäuble kündigt nach Rekordschulden 2010 harten Sparkurs an

  • Lesedauer: 3 Min.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat das Rekorddefizit im Bundeshaushalt 2010 als krisenbedingt verteidigt und zugleich einen harten Sparkurs ab 2011 angekündigt. Die Opposition kritisierte den ersten Etatentwurf der neuen Koalition scharf.

Berlin (AFP/ND). Der vom Bundeskabinett am Mittwoch gebilligte Haushaltsplan für 2010 sieht Ausgaben von insgesamt 325,4 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro nannte Finanzminister Schäuble »bitter, aber notwendig«. Die Neuverschuldung liegt dabei doppelt so hoch wie im laufenden Jahr und höher als je zuvor. Nach den Worten Schäubles gehen rund 80 Milliarden Euro der neuen Schulden auf das Konto der Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie setzen sich zusammen aus Steuermindereinnahmen sowie Zusatzausgaben für Arbeitsmarkt und gesetzliche Krankenkassen. Der wegen der Bundestagswahl zeitlich verzögerte Etat soll im März vom Bundestag verabschiedet werden.

Für die Zeit ab 2011 kündigte der Minister ein scharfes Sparprogramm an. Ab dann müssten jährlich rund zehn Milliarden Euro im Bundeshaushalt eingespart werden. Dies werde »ungewöhnlich schwierig« und »nicht mit den herkömmlichen haushalterischen Maßnahmen zu schaffen« sein. Wie genau diese Aufgabe erfüllt werden solle, könne er derzeit nicht sagen. Der konkrete Haushalt für 2011 werde Mitte 2010 aufgestellt.

Zur Begründung des Sparkurses verwies Schäuble auf die neue Schuldenbremse im Grundgesetz. Sie schreibe vor, dass der Bund sein strukturelles Defizit bis zum Jahr 2016 auf rund zehn Milliarden Euro zurückfahren müsse. Derzeit liege es bei rund 70 Milliarden Euro. Weil die Reduzierung ab 2011 in gleichmäßigen Schritten erfolgen müsse, bedeute dies zehn Milliarden Euro pro Jahr.

Die Opposition wies die Haushaltspläne strikt zurück. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider erklärte, die Neuverschuldung hätte auch schon nächstes Jahr rund zehn Milliarden Euro geringer ausfallen können. Stattdessen verteile Schwarz-Gelb »Wahlgeschenke«. Schneider führte aus, dass aufgrund der »lawinenartig wachsenden Zinsausgaben« ab 2011 sogar 13 Milliarden Euro jährlich eingespart werden müssten. Das sei mehr als der gesamte Etat für Bildung und Forschung.

Die Fraktionsvize der LINKEN, Gesine Lötzsch, kritisierte, dass die Bürger die Rechnung für eine falsche Politik der vergangenen Jahre zahlen müssten, die die Wirtschafts- und Finanzkrise erst ermöglicht habe. Dagegen würden die Verursacher – wie die Banken – nicht herangezogen. Zugleich warnte Lötzsch davor, in den kommenden Jahren »auf die Schuldenbremse« zu treten. Wenn die Staatsausgaben bis 2016 um 70 Milliarden Euro gekürzt würden, werde »die Axt an die Wurzel des Sozialstaates« gelegt. Die LINKE forderte stattdessen Steuererhöhungen für diejenigen, »die sich in den letzten 20 Jahren auf Kosten der Allgemeinheit eine goldene Nase verdient haben«.

Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einem »Staatsbankrottprogramm« und bemängelte insbesondere, dass mehr als ein Viertel der geplanten Gesamtausgaben durch neue Schulden finanziert würden. Sie forderte stattdessen einen stärkeren Subventionsabbau sowie »gezielte Investitionen in Zukunftsbereiche«.

Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal