Wenn Dänemark (ver-)handelt

Konferenzführung sucht Kompromisse

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen hat offiziell die Präsidentschaft des Kopenhagener Weltklimagipfels übernommen. Die bisherige Leiterin Connie Hedegaard wird die Arbeitsgespräche der Minister weiterführen. Das UN-Klimasekretariat begründete die Wachablösung mit dem Eintreffen der Staats- und Regierungschefs, doch schon zuvor gab es Kritik an Hedegaards Konferenzführung.

Licht und Schatten, die Gefahr grandiosen Scheiterns oder die Chance des globalen Durchbruchs liegen dicht beieinander während der laufenden Klimaverhandlungen. Zahlreiche widersprüchliche Interessen müssen ausbalanciert und Beschlüsse finanziell untermauert werden. Zwischen diesen Fallgruben bewegt sich die Verhandlungstaktik, die Dänemark als Gastgeber vorbereitet hat und die das Tandem Rasmussen/Hedegaard realisieren.

Zwei-Grad-Ziel steht weiter auf der Agenda

Einen Eindruck dieser Verhandlungstaktik bekam die Öffentlichkeit bereits im November während des letzten Vorbereitungstreffens in Singapur. Rasmussen zeigte sich hier bereit, statt einer bindenden juristischen Vereinbarung eine politische einzugehen, auf deren Prinzipien sich die Länder verpflichten müssen. Lieber ein umsetzbarer Kompromiss als ausgefeilte Verpflichtungen, die keiner unterschreibt, lautete sein Credo. Dass Präsident Obama anschließend seine Teilnahme zusagte, schien Rasmussen Recht zu geben. Gab doch die Öffnung Obama den notwendigen innenpolitischen Spielraum, um den skeptischen Senat zu überzeugen. Dieser Linie schlossen sich neben den meisten EU-Ländern auch andere tonangebende Länder wie Brasilien, Japan oder Indonesien an. Die wollen den politischen Schwung ausnutzen, um am 18. Dezember einen Beschlus zu fassen, mit dem das Zwei-Grad-Ziel erreichbar wäre.

Das dänische Agieren mag nach außen wie prinzipienloser Kuhhandel aussehen. Für Politiker wie Rasmussen oder Hedegaard, die aus einem Land kommen, das nur selten verlässliche parlamentarische Mehrheiten hat, ist es normales politisches Handwerk, Verbündete in Einzelfragen zu finden in Parteien, die man sonst eher als Gegner ansehen würde.

Taktieren wie bei der EU-Osterweiterung

Rasmussen beispielsweise war vor zwei Jahren als Innenminister hauptverantwortlich für die Kommunalreform, deren übergeordnetes Ziel es war, weniger, aber ökonomisch stärkere Kommunen zu schaffen. Dabei wurden Hunderte Bürgermeisterposten und Ausschusssitze abgeschafft. Bisher liberal oder sozialistisch regierte Nachbarn zur Vereinigung zu bringen ist auf der lokalpolitischen Ebene genauso schwer, wie die Egos von Chavez und Sarkozy auf der politischen Weltbühne in Übereinstimmung zu bringen. Ähnlich arbeitete die dänische Delegation 2002, als die Osterweiterung der EU beschlossen wurde und mehrfach am seidenen Faden hing. Sonderinteressen einzelner Länder wurden auch hier in Gesprächen mit einzelnen Politikern oder Ländern oder bestimmten Gruppen ausbalanciert. Die gleiche Arbeitsweise ist auch jetzt zu beobachten. Laute Proteste vor der Fernsehkamera werden dabei als Teil der Verhandlungen akzeptiert, Hauptsache man kommt dann hinterher auch zu ihnen. Die morgigen Abendstunden werden zeigen, ob das Rezept auch diesmal wirkt.

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