Alpe Adria: Verdacht auf Insidergeschäfte und Untreue

»Presse«: Bayern fordert 650 Millionen Euro Schadenersatz / »Spiegel«: Strafanzeige vor Oberstem Gerichtshof in Wien gestellt

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Affäre um die umstrittene Übernahme der österreichischen Hypo Group Alpe Adria (HGAA) durch die BayernLB zieht immer weitere Kreise: Laut Zeitungsberichten waren möglicherweise Parteispenden und Insidergeschäfte im Spiel.

Wien/München (Agenturen/ ND). Nach dem Milliardenverlust der BayernLB mit der HGAA will Bayern offenbar eine millionenschwere Schadensersatzforderung stellen. Wie die österreichische Zeitung »Presse« am Sonntag berichtete, fordert Bayern insgesamt 650 Millionen Euro als Ausgleich für die erlittenen Verluste. Demnach fordert Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zudem die Rückzahlung der Kapitalgewinne einer Gruppe von Privatinvestoren, die vor dem Verkauf der HGAA an Bayern bei der Bank einstiegen. Ohne Angaben von Quellen berichtet die »Presse« zudem, dass beim Kauf der österreichischen Tochterbank Gelder in Millionenhöhe an österreichische Parteien flossen. So soll die von Jörg Haider gegründete Partei BZÖ angeblich 27 Millionen Euro erhalten haben, die konservative ÖVP 13 Millionen Euro.

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« zufolge hat der Kärntner Landtagsabgeordnete Rolf Holub (Grüne) beim Obersten Gerichtshof in Wien im Zusammenhang mit der HGAA-Übernahme Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue, des Amtsmissbrauchs und des Betrugs erstattet. Dem Bericht zufolge sollen zudem Verdachtsmomente geprüft werden, wonach Parteispenden von Deutschland nach Kärnten geflossen sein könnten.

Kärntner Politiker könnten sich womöglich persönlich am Kauf der Alpe-Adria-Mehrheit durch die BayernLB bereichert haben. Der Kaufpreis, den die Bayern für die Bank zahlten, habe den tatsächlichen Wert um mindestens 125 Millionen Euro überschritten.

Nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« gibt es einen Verdacht auf Insidergeschäfte im Zusammenhang mit der Banken- Übernahme. Von der Expansion der BayernLB nach Österreich hätten vor allem vermögende Familien aus beiden Ländern profitiert, die bei der Hypo Alpe Adria kurzzeitig eingestiegen seien und ihre Anteile dann mit hohem Gewinn an die Landesbank verkauft hätten.

Am Mittwoch habe die Münchner Staatsanwaltschaft den früheren BayernLB-Chef Werner Schmidt vernommen. Gegen ihn werde wegen des Verdachts ermittelt, die Landesbank habe einen stark überhöhten Preis für die Hypo Alpe Adria gezahlt. Laut »Spiegel« geraten der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sowie sein Nachfolger Günther Beckstein (beide CSU) durch Protokolle eines Kärntner Untersuchungsausschusses unter Druck.

Im Juli 2007 hatte der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider – der im Oktober 2008 tödlich verunglückte – bei einer Zeugenbefragung erklärt, die politische Führung Bayerns habe den Kauf der österreichischen Bank »maßgeblich unterstützt und auch unterfüttert«. Laut Haider gab es im Zusammenhang mit dem Verkauf sowohl mit Stoiber als auch mit dem damaligen bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) und dem designierten Stoiber-Nachfolger Beckstein Kontakte.

Ein Sprecher Stoibers wies diese Darstellung am Sonntag zurück. »Dem ›Spiegel‹ wurde schon vor längerer Zeit mitgeteilt, dass es im Zusammenhang mit diesem Bankgeschäft keinerlei persönlichen Kontakt zwischen dem damaligen Ministerpräsidenten Stoiber und dem Kärntner Landeshauptmann gegeben hat«, sagte der Sprecher gegenüber dpa.

In der Debatte über die Zukunft der Landesbanken mahnte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) radikale Reformen an. »Aus meiner Sicht würde eine Landesbank völlig ausreichen«, sagte er dem »Tagesspiegel«. »Oft ist doch nicht entscheidend, wie die Einzelinteressen gelagert sind, sondern was für das gesamte System am besten und sinnvollsten ist«, sagte er dem Blatt. Der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) warnte unterdessen die Staatsregierung vor einem übereilten Verkauf der angeschlagenen BayernLB.

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