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Versicherungen in Serie – Teil 14 - Ist die Kapital-Lebensversicherung besser als ihr Ruf?

Assekuranz

  • Lesedauer: 6 Min.

Was bleibt von Ihrem Geld morgen noch übrig? Möglicherweise weniger, als Sie denken: 1.000 Euro sind in zwanzig Jahren nur noch 673 Euro wert – bei nur zwei Prozent Inflation. Deshalb will das Geld fürs Alter gut angelegt sein. Das heißt: Für das gleiche Geld können Sie morgen weniger einkaufen als heute. Umso wichtiger ist es, bei den Anstrengungen für die Altersvorsorge die Rendite im Auge zu behalten.

»Finanztest« hat verglichen, wie sich bei angenommenen Renditen und zwei Prozent Inflation pro Jahr die Altersvorsorge verändert: für Riester- und Rürup-Vertrag, für Firmenverträge und private Rentenversicherungen. Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bis zu 45.000 Euro im Jahr sind mit einer Firmenrente gut beraten, denn bis zum Renteneintritt sind auf Ihre Sparbeiträge weder Steuern noch Sozialabgaben fällig. Wer gut verdient und gesetzlich versichert ist, sollte dagegen besser auf eine Riester-Rente setzen. Wohlhabende Rentner entgehen dem Kaufkraftverlust, wenn sie ihr Vermögen geschickt vermehren. Jüngere Leute sollten mehr Geld zurück legen, meinen Finanztester, um mit der Altersvorsorge die Inflation zu überholen. In die engere Auswahl gehört dann auch eine Kapital-Lebensversicherung. Die ist jedoch heftig umstritten.

Fälschlicherweise schließen viele Menschen eine Lebensversicherung ab, um damit ihre Altersvorsorge zu sichern, um Kapital aufzubauen oder um die Ausbildung oder Aussteuer ihrer Kinder zu finanzieren, bedauert Lilo Blunck den Boom der Kapitallebensversicherung. Mit ihrer Kritik steht die Versicherungsexpertin nicht allein dar, Verbraucherschützer und Stiftung Warentest schimpfen ebenfalls seit Jahren auf das in Deutschland wohl beliebteste Finanzprodukt. Trotzdem werden auch 2010 wieder über 60 Milliarden Euro an Beiträgen an die Versicherungskonzerne fließen.

Getadelt wird der zweifelhafte Mix aus Geldanlage und Sicherheitswunsch. Kapitallebensversicherungen sind nämlich ein Mischprodukt aus der eigentlichen Versicherungsleistung, dem »Todesfallschutz« (siehe Versicherungs-Serie Teil 13), sowie aus einer klassischen Sparanlage. An sich ist ein solcher Mix aus zwei Produkten nicht zu empfehlen. Doch der Nachteil eines solchen Potpourris kann für manchen Verbraucher zum Vorteil werden.

Vor einiger Zeit überraschte ein Fachinformationsdienst, der vor allem für seine scharfe Kritik an der Versicherungsbranche geschätzt wird, mit einem Lob der Lebensversicherung. Der »MAP-Report« hatte deren Renditen mit Fondssparplänen verglichen. Das Ergebnis überraschte selbst die Fachwelt, denn lediglich sieben Fondssparpläne schlugen die beste Lebensversicherung. Die meisten Investmentfonds – obwohl als Geldanlage im Regelfall riskanter – bewegten sich in einem Renditebereich, den Sparer ebenso gut mit der Assekuranz erreichen können. Viele Fonds schnitten sogar schlechter ab als Policen. Die Schelte von Investmentverband und fondsverliebten Verbraucherschützern kam prompt und wie bei jedem Renditebeispiel zurecht, denn der gewählte Zeitraum für die MAP-Untersuchung ist ebenso umstritten wie die konkrete Rechenmethode.

Trotzdem können kritische Verbraucher aus dem Streit Nützliches lernen: Lebensversicherungen sind besser als ihr Ruf, jedenfalls besser als ihr Ruf unter vielen unabhängigen Versicherungsexperten. Kapitallebensversicherungen bieten trotz des Wegfalls ihres Steuerprivilegs im Jahre 2005 fast immer eine solide effektive Rendite mit einer »3« vor dem Komma und zudem eine nahezu hundertprozentige Sicherheit des angelegten Geldes. Wer die Chance auf eine höhere Rendite sucht, muss mehr Risiko eingehen. Wer dies will und vielleicht noch jünger an Jahren ist, könnte tatsächlich mit Fondsanteilen besser bedient sein.

Nachteilig ist allerdings die lange, manchmal Jahrzehnte dauernde Laufzeit von Lebensversicherungen. Wer seinen Vertrag vorzeitig kündigt – und das ist in der Praxis jeder zweite Versicherte – verliert viel Geld!

Tipp: Statt zu kündigen können sie Ihre Police an einen Zweitkäufer weiter veräußern. Das ist für den Versicherten oft günstiger als eine Kündigung. Vergleichen Sie beide Angebote.

Seit einiger Urteile des Bundesgerichtshofes und anderer Gerichte haben die Verbraucher wenigstens einen Anspruch auf einen Mindest-Rückkaufswert. Dieser beträgt knapp die Hälfte der eingezahlten Beiträge. Doch anderseits zwingt die lange Laufzeit der Versicherungsverträge zur Spardisziplin. Dieser zarte Zwang, regelmäßig Geld für die Zukunft zurück zu legen, kann sich für unruhige Geister am Ende auszahlen.

«Otto Normalverbraucher« kann den Streit der Experten gelassen verfolgen. Mindestens so tief wie die Kluft der Renditen zwischen Versicherungen und Fonds ist der innerhalb der Lebensversicherungen. Der Unterschied zwischen einer »guten« und einer »schlechten« Versicherung kann am Laufzeitende mehrere tausend Euro betragen. Für Verbraucher heißt dies, nicht alles auf eine Karte zu setzen! Statt dessen mixen Sie sich aus dem bunten Angebot der Finanzbranche ihren eigenen Cocktail zusammen. Wer es sicher und gemütlich mag und gleichzeitig seine Familie absichern will, sollte dabei auch über eine Kapitallebensversicherung nachdenken. Über die konkrete Anlagestrategie entscheidet der Versicherer. Es werden jedoch immer mehr Lebensversicherungen angeboten, die nach einem bestimmten Risikoprofil des Kunden investieren.

Die Trendwende kam in der Adventszeit aus Stuttgart: Deutschlands größter Versicherer senkt die Leitzinsen für seine Kunden. 2010 verzinst die Allianz Lebensversicherungs-AG ihre Policen nur noch mit 4,3 statt 4,5 Prozent brutto. Ähnliche, teilweise noch weit drastischere Zinssenkungen kündigten danach die meisten anderen Versicherer an.

Dieser Leitzins darf allerdings nicht verwechselt werden mit der tatsächlichen Rendite einer Kapital- oder Rentenversicherung. Die 4,3 Prozent beziehen sich lediglich auf den sogenannten Sparanteil des Kunden. Dieser bleibt übrig, nachdem von den Beiträgen die erheblichen Kosten für die eigentliche Lebensversicherungsleistung sowie die Kosten für Verwaltung und Vertrieb abgezogen wurden.

Hintergrund: Was ist ein »Sparanteil«? Das Verwirrspiel mit Zahlen durchschauen fast nur noch Fachleute. So kommt in der Praxis auf die normale Verzinsung – bei der Allianz 4,3 Prozent – noch ein Aufschlag unter anderem durch den Schlussüberschuss obendrauf. Damit ergibt sich für das Jahr 2010 eine gesamte Verzinsung von mindestens 4,95 Prozent (2009: 5,1 Prozent). Diese 4,95 Prozent wird die Allianz jedoch nur auf den Sparanteil zahlen. In der Vergangenheit zahlten Versicherer eine tatsächliche Rendite auf die Beiträge ihrer Kunden von etwa 3 bis 4 Prozent pro Jahr.

Allianz-Boss Maximilian Zimmerer wirbt um Verständnis für den Zinsabzug. »Alle Lebensversicherer sind von den niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten betroffen«, begründet der Vorstandschef der Allianz Leben in Stuttgart den unpopulären Schritt des Branchenführers.

Damit läutet der größte Assekuranzkonzern in Europa eine Trendwende in der Branche ein. Die Versicherungskunden werden zukünftig deutlich weniger Rendite aus ihren Policen beziehen als in den letzten Jahren. Eine Vollkaskogarantie haben Versicherungskunden ohnehin nicht. Niels Nauhauser hält die Allianz-Prognose langfristig für zweckoptimistisch. »Die Frage ist, ob selbst diese runtergeschraubte Prognose der Allianz für die kommenden dreißig Jahre wirklich realistisch ist.« Unter den »jetzigen Bedingungen« werde es nämlich kaum möglich sein, die Prognose zu erfüllen, zweifelt der Finanzmarktexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Das allgemeine Niveau auf den Finanzmärkten spreche auf Sicht eher für eine »drei« vor dem Komma. Verbraucher sollten daher gegenüber Voraussagen von Versicherern skeptisch bleiben. In der Vergangenheit schnitt die Allianz tatsächlich besser als der Durchschnitt ab. Ohne jedoch eine Spitzenposition erklettern zu können. Direktversicherer, mit ihrem Vertrieb übers Internet, oder genossenschaftlich organisierte Versicherer »auf Gegenseitigkeit« überweisen ihren Kunden häufig höhere Renditen.

HERMANNUS PFEIFFER

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