Metropolis in seiner Entstehung

Deutsche Kinemathek zeigt Ausstellung zu Fritz Langs Maschine-Mensch-Meisterwerk

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Maschinen-Maria (Brigitte Helm) im Saal des Tanzes
Die Maschinen-Maria (Brigitte Helm) im Saal des Tanzes

Hoch in den Himmel ragende Wolkenkratzer, simultaner Auto- und Flugverkehr über Tage – und unter Tage roboterhafte Menschen, die zu Arbeitssklaven degradiert werden: Das sind die Bilder, die Fritz Langs filmischer Meilenstein »Metropolis« in den Köpfen der Zuschauer beschworen hat. Dessen Mischung aus Expressionismus, Großstadtarchitektur, die vom damaligen New York inspiriert wurde, und einer recht naiven politischen Vision fasziniert bis heute. Der 1927 fertiggestellte Stummfilm ist aber nicht nur in künstlerischer Hinsicht ein Werk der Superlative.

Über 3,5 Millionen Reichsmark verschlang die Produktion, deren Dreharbeiten über ein Jahr dauerten: eine gigantische Summe für damalige Verhältnisse. Unter anderem 36 000 Komparsen und 200 000 Kostüme nahm sie in Anspruch – nur um sich anschließend zu einem der größten Filmflops aller Zeiten zu entwickeln und die UFA an den Rand des finanziellen Ruins zu treiben.

Nun erzählt die Ausstellung »The Complete Metropolis« im Museum für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz in Berlin die Entstehungs- und Restaurationsgeschichte des Films. Denn das Werk geriet Ende der 20er Jahre bald in Vergessenheit, seine Kopien wurden verstümmelt oder verschwanden ganz. Auf 250 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind sämtliche erhaltenen Originaldokumente und -requisiten des Films ausgestellt. Von Hand kommentierte Originalblätter des Drehbuchs von Autorin Thea von Harbou, Originalpartituren, Fotos vom Drehset oder Szenenbild-Entwürfe.

Alles wurde in akribischer Kleinarbeit aus dem Fundus der Deutschen Kinemathek herausgefiltert. Ferner bekommt der Zuschauer einen Einblick in die Entstehung von sehr erfindungsreichen Spezialeffekten, wie der Montage von Modellkulissen mit Aufnahmen in Realgröße. Auf Monitoren können Besucher dabei Ausschnitte des Films sehen, während auf die Zwischenwände, die einzelne Themenbereiche trennen, Dias mit Szenen des Films projiziert werden.

Kuratorin Kristina Jaspers betont, dass die Bedeutung von »Metropolis« vor allem auch darin bestehe, dass es sich dabei um den ersten wirklichen Science-Fiction-Film der Filmgeschichte handele. Dessen Nachwirkung habe spätere Klassiker des Genres, etwa Ridley Scotts »Blade Runner« erst ermöglicht.

Ein besonderes Verdienst gebührt der Ausstellung aber vor allem deshalb, weil sie über die verschiedenen Fassungen des Films Auskunft erteilt. So dokumentiert sie die akribische Arbeit der Restauratoren: Diese mussten sich nicht nur aus den besterhaltenen Negativen Szenen aussuchen. Auch über verschiedene Kameraeinstellungen und -klappen entschieden sie in Einklang mit Drehbuch und Kommentaren Fritz Langs. Doch selbst bei der bis dato am vollständigsten restaurierten Version von 2001 fehlte etwa eine halbe Stunde Film, die als ewig verschollen galt.

Wie durch ein Wunder wurden vor zwei Jahren im Museo del Cine in Buenos Aires Spulen sichergestellt, die fast das gesamte fehlende Material – etwa 25 Minuten – enthielten. Auf die diese neue, restaurierte Zweieinhalbstunden-Fassung kann man sich in wenigen Wochen auf der Berlinale freuen. Für Berliner, die keine Karten für die Premiere im Friedrichstadt-Palast bekommen, steigt eine große Freiluftvorstellung am Brandenburger Tor.

»The Complete Metropolis« läuft noch bis zum 25. April, Potsdamer Straße 2, Berlin-Tiergarten, Di.-So.: 10–18 Uhr, Do.: 10–20 Uhr, Infos unter: www.filmmuseum-berlin.de

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