Handwerk und Gewerbe: Wann muss der Kunde das bestellte Werk annehmen – und wann nicht?

Recht

  • Lesedauer: 4 Min.

Der Anruf vom Kunden, die Kostenkalkulation, die Angebotserstellung, die Durchführung – das sind nur einige der wichtigen Etappen bei der Auftragsausführung. Eine weitere ist die Abnahme, denn mit ihr sind viele rechtliche Konsequenzen verbunden. Auf welche Arten kann die Abnahme erfolgen? Worauf muss man achten? Welche Folgen hat sie? Die wichtigsten Tipps kennen die Experten der D.A.S. Rechtschutzversicherung.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Auftraggeber das Werk immer abnehmen muss. Hintergrund: Erst mit der Abnahme kann der Auftragnehmer laut §641 Abs 1 BGB die Vergütung verlangen. Wie genau die Abnahme abläuft, das hängt meist von dem erbrachten Werk ab. »In der Regel unterscheidet man zwischen der ausdrücklichen und der stillschweigenden Abnahme«, so Juristin Anne Kronzucker.

Die ausdrückliche Abnahme: Der Küchenbauer hat den letzten Unterbauschrank angepasst, die Türgriffe befestigt, die Schutzfolie von den Abzugshaube gezogen und bittet den Kunden nun in die Küche, um das Werk zu begutachten. Sagt dieser »Wunderbar, die Küche ist in Ordnung. Sie können gerne die Rechnung stellen«, oder noch deutlicher »Ich nehme die Sache ab«, dann ist dieser Auftrag für den Handwerker erledigt.

Die stillschweigende Abnahme: Natürlich gibt es auch Situationen, in denen sind gar nicht viele Worte nötig: Der Kunde holt seine Schuhe vom Schuster ab und zahlt sie widerspruchslos. Nachdem die neue Waschmaschine angeschlossen wurde, unterzeichnet der Auftraggeber den Stundenzettel ohne viel Aufheben. In beiden Fällen ist eine Abnahme erfolgt, wenn auch stillschweigend. Sie ist deshalb jedoch nicht weniger gültig.

Die förmliche Abnahme: Handelt es sich bei dem Auftrag um ein Bauprojekt mit VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistung Teil B), dann ist es ratsam, ein Abnahmeprotokoll zu erstellen, in dem jede einzelne erbrachte Leistung aufgelistet ist. Sobald die Arbeiten vom Hausbesitzer in Augenschein genommen und auf dem Protokoll gegengezeichnet sind, gelten sie als abgenommen. In diesem Fall spricht man von der förmlichen Abnahme.

Fiktive Abnahme: Ein kleiner Kratzer am Absatz des Schuhs, ein Farbspritzer auf dem Boden: Auch wenn ein so genannter unwesentlicher Mangel vorliegt – also ein kleiner Makel, der das Werk nicht wirklich beeinträchtigt – muss es der Kunde abnehmen. Der Gesetzgeber hat dies so geregelt, um eine mutwillige Verzögerung der Abnahme zu verhindern (§ 640 Abs. 1 Satz 2 BGB)«. Weigert sich der Kunde trotzdem, so kann der Handwerker eine »angemessene Frist« für die Abnahme setzen. Läuft diese Frist ungenutzt aus, dann gilt das Werk dennoch als abgenommen. Man spricht dann von einer »fiktiven Abnahme«. Dennoch muss der Handwerker den unwesentlichen Mangel beseitigen. Bis die Nachbesserung erfolgt, darf der Kunde einen angemessen Teil des Lohns einbehalten, und zwar mindestens in Höhe des Doppelten der für die Beseitigung des Mangel erforderlichen Kosten (§ 641 Abs. 3 BGB).

Liegt jedoch ein wesentlicher Mangel vor – das Werk ist anders als vereinbart, es fehlen Teile, es ist unbenutzbar oder gar kaputt – kann der Auftraggeber die Abnahme verweigern, und zwar so lange, bis der Mangel behoben ist.

Die Abnahme und ihre Folgen: Eine erfolgreiche Abnahme ist immer der Auslöser für wichtige Rechtsfolgen. Wie bereits erwähnt, muss der Kunde jetzt das Werk bezahlen. Gleichzeitig beginnt die Verjährungsfrist: Sie beträgt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zum Beispiel zwei Jahre für Mängelansprüche bei Werken (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB), die in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache bestehen, wenn es sich nicht um ein Bauwerk handelt (z. B. Reparatur eines Kfz). Dazu gehören auch kleinere Arbeiten am Haus, wie der Innenanstrich der Türen oder die Wartung der Heizung. Fünf Jahre wiederum beträgt die Verjährungsfrist bei Bauwerken (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) – unter diese fallen die Arbeiten, die für Bestand wie Erhalt der Hauses wesentlich sind. Außerdem ändert sich nun die Beweislast: Bis zur Abnahme lag es allein am Auftragnehmer zu belegen, dass er die vertraglich abgeklärte Leistung entsprechend umgesetzt hat. Nach der Abnahme muss der Kunde belegen, dass ein Mangel bereits bei der Abnahme vorlag. Ein Auftrag ist erst dann erfolgreich zu Ende geführt, wenn der Handwerker das Werk im Zuge der Abnahme an den Kunden übergibt.

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