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Aus den Anden in den Südharz

In Thüringen werden Lamas für Therapiezwecke und für den Trekking-Sport ausgebildet

  • Ulrike Hendan, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Fünf Lamas hält Rudolf Kirschner in Sophienhof bei Ilfeld. Die südamerikanischen Kameltiere werden sogar in einem Seniorenheim eingesetzt.

Ilfeld. Kauend schiebt Tarkan seinen Kopf aus dem Holzverschlag. Die langen, schwarz-weißen Ohren schnippen nach vorne, seine Neugier lässt ihn die Heuraufe vergessen. Der kurze, buschige Schwanz klappt hoch – als Zeichen erhöhter Wachsamkeit. »Bei Lamas siegt die Neugier immer über die Angst vor Fremden«, sagt Ronald Kirschner. Sein Blick schweift über die fünf Lamas, die interessiert zur Stalltür drängen. Die Tiere verleihen dem verschneiten Südharz einen Hauch Exotik: In Sophienhof bei Ilfeld bilden Kirschner und seine Frau als einzige Trainer in Thüringen Lamas für Therapiezwecke und für den Trekking-Sport aus.

Spucken aus Langeweile

Tarkan, der gescheckte, sechs Jahre alte Wallach, kennt die Prozedur vor jedem Spaziergang in den winterlichen Wald: Halfter anlegen und Strick einhaken, dabei geduldig stehen. »Lamas spucken nur, wenn man sie fragt, wie ihr Fleisch schmeckt«, scherzt Kirschner. Seit sieben Jahren bieten er und seine Frau Marita Guckuk Lama-Trekking an, nicht ein Tourist sei bisher angespuckt worden. Kirschner verpasst Leit-Lama Belushi und Wallach Paul noch je ein Halfter, dann stapft er mit den drei Trampeltieren los. »Lamas brauchen täglich Beschäftigung, im Winter wie im Sommer. Daher spuckt manch frustriertes Tier im Zoo«, erläutert er.

Fast schon zu warm

Langeweile kommt in Kirschners Lama-Herde selten auf. Die Tiere reisen oft zu den Wettbewerben der Arbeitsgemeinschaft Europäische Lama und Alpaka Shows, kurz AELAS. Der zottelige Belushi gewinnt dort dank seiner Schönheit Preise, Paul brilliert im Parcours. »Wippen, Tunnel, Sprünge und Rückwärtsgehen, alles kein Problem für ihn«, berichtet Kirschner stolz.

Lamas stammen wie die Alpakas aus den südamerikanischen Anden, wo sie seit 5000 Jahren als Packtiere dienen. »Meine Frau verspinnt Lama-Wolle per Hand und strickt Socken daraus«, nennt Kirschner einen weiteren Nutzen. Eisige Kälte mache ihnen nichts aus, im Harz sei es Lamas fast zu warm. Kolumbus, der schokoladenbraune Jüngling in der Lamaherde, soll nach seinem Training mit Senioren schmusen. Im Sommer zieht das vier Jahre alte Lama nach Sachsen-Anhalt, um dort in einem Altenheim zu arbeiten. »Er muss als Fluchttier lernen, nicht zu scheuen, rund 40 Kilogramm Gewicht zu tragen und am Rollstuhl mitzulaufen«, sagt Kirschner. Sportprofi Paul hat in seinen fünf Lebensjahren sogar gelernt, bei Werbe-Aktionen in Möbelhäusern treppauf und -ab zu latschen. »Lamas gelten als Blitzmerker und zweieinhalb Mal so klug wie Schäferhunde«, erklärt der Trainer. Die Exoten, offiziell als »landschaftspflegende Nutztiere« bezeichnet, erregen bei jedem Ausflug in die Südharzer Karstlandschaft Aufmerksamkeit. Zu einem florierenden Geschäft haben Kirschner und Guckuk es nach zwei Jahren mit Ich-AG aber nicht gebracht.

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