Thailand und Kambodscha: Gegenseitiges Misstrauen bleibt

Die Waffenruhe an thailändisch-kambodschanischer Grenze hält weitgehend, doch die Minenräumung dauert noch länger

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 2 Min.
Kambodschanische Gesundheitshelfer versorgen einen Verletzten, nachdem Kambodscha und Thailand sich gegenseitig neuer Zusammenstöße entlang ihrer Grenze in der Provinz Banteay Meanchey beschuldigt hatten.
Kambodschanische Gesundheitshelfer versorgen einen Verletzten, nachdem Kambodscha und Thailand sich gegenseitig neuer Zusammenstöße entlang ihrer Grenze in der Provinz Banteay Meanchey beschuldigt hatten.

Ruhiger ist es zweifellos geworden, von einer Normalisierung im bilateralen Verhältnis kann aber kurz vor Jahresende keine Rede sein. Zwar scheint die unmittelbare Konfrontation beendet, auch ist das Thema medial – unter anderem durch die Flutkatastrophe in vielen Teilen Südostasiens – zuletzt stark in den Hintergrund getreten. Doch werfen sich beide Seiten nach wie vor bewusste Störungen im von Malaysia und den USA vermittelten Entspannungsprozess vor. Vor allem in Bangkok zweifelt man an der Ernsthaftigkeit des kambodschanischen Willens, sich vollumfänglich an die Vereinbarungen zu halten.

Zur Erinnerung: Ende Juli hatte es für viereinhalb Tage einen direkten militärischen Schlagabtausch gegeben. Mehrere Dutzend Tote waren zu beklagen, 300 000 Menschen mussten ihre Heimatorte verlassen. Der 800 Kilometer lange Grenzverlauf zwischen dem immer unabhängig gebliebenen Thailand und dem länger unter französischer Kolonialverwaltung stehenden Kambodscha ist in mehreren Abschnitten (mit prominenten alten Khmer-Tempeln) seit über 100 Jahren umstritten. Der 2008 bis 2011 schon einmal zugespitzte Konflikt schien danach länger abgeklungen, bis er im Frühjahr 2025 erneut aufflammte und drei Monate später im erwähnten Beschuss grenznaher Dörfer mündete. Vorangegangen war dieser Eskalation das von Kambodschas starkem Mann Hun Sen (1985 bis 2023 mit kurzer Unterbrechung Premier, jetzt Senatspräsident) inszenierte Leak eines Telefonats mit der damaligen thailändischen Regierungschefin Paetongtarn Shinawatra, die wegen umstrittener Äußerungen später per Gerichtsurteil ihr Amt verlor.

Am 20. November meldete Thailands Armee Fortschritte bei der Sicherung verminter Abschnitte. Auch der Abzug schwerer Waffen aus grenznahen Orten läuft. Bei der Minenräumung bleibt aber noch viel zu tun. Am Samstag hieß es, ein Chinese sei beim illegalen Grenzübertritt von Kambodscha aus auf eine Landmine getreten. Er kam verletzt in ein Krankenhaus. Die Zeitung »The Nation« zitierte Armeesprecher Winthai Suwaree mit der Vermutung, es handle sich bei dem Mann um einen Geflüchteten aus einem der Online-Betrugszentren. Ähnliche Vorfälle gibt es immer wieder – Thailand warf dem Nachbarn abermals das Verlegen neuer Minen vor. Nach einer früheren Explosion, die einem Soldaten ein Bein kostete, und kurzem Schusswechsel bei einem Dorf mit einem Toten hatte Premier Anutin Charnvirakul das Abkommen Mitte November für »ausgesetzt« erklärt.

Die kambodschanische Regierungskritikerin Mu Sochea hält das gesamte Agieren von Hun Sen bei dieser erneuten Eskalationsspirale um den Grenzkonflikt für fragwürdig. Die Politik in Phnom Penh hätte aus ihrer Sicht gut daran getan, alles erneut »ganz dem Internationalen Gerichtshof zu überlassen«. Damit sei ihr Land bisher immer gut gefahren: Zuletzt hatte der IGH im November 2013 das gesamte Hochplateau um das Unesco-Welterbe Preah Vihear Tempel Kambodscha zugesprochen und damit ein Urteil von 1962 unterstrichen.

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