Heiße Fracht, heißer Protest

Atommülltransport mit neuartigem Castor

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.
Beim nächsten Castortransport nach Gorleben im Herbst kommen erstmals neuartige Behälter zum Einsatz. Diese beinhalten noch heißeren und stärker strahlenden Müll als die in der Vergangenheit genutzten Castoren.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erteilte kürzlich eine Änderungsgenehmigung für die Aufbewahrung der neuen Behälter vom Typ Castor HAW 28 M im Gorlebener Zwischenlager. HAW steht für »High Active Waste« (hoch aktiver Müll), die Ziffer 28 gibt die Zahl der in den Containern befindlichen Glaskokillen an. Diese Metallzylinder enthalten in flüssiges Glas eingeschmolzenen Atommüll.

Die Entwicklung der neuen Container war nötig geworden, weil der aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Deutschland zu transportierende Atommüll heißer ist und stärker strahlt als die bisher angelieferten Abfälle. Gründe sind ein stärkerer Abbrand der Brennstäbe sowie der Umstand, dass die Kokillen erst vor Kurzem produziert wurden und deswegen »heißer« sind als die schon eine Weile in La Hague gelagerten, etwas abgekühlten Kokillen.

Weil es erhebliche Verzögerungen bei der Zulassung des neuen Castors gab, fiel im vergangenen Jahr der Transport aus. Im September wurde in Gorleben aber die Kalthantierung geprobt. Atomgegner begleiteten den An- und Abtransport des leeren Behälters mit Blockaden und Protesten.

Das BfS genehmigte den neuen Castor – anders als sein Vorgänger ein deutsches Fabrikat – bei voller Beladung mit 28 Kokillen für eine Wärmeleistung von bis zu 56 Kilowatt (bisher: 45 Kilowatt). Die Prüfungen hätten ergeben, dass »durch angepasste Abschirmung und verändertes Design« auch bei höherem radioaktiven Inventar die gleichen Strahlenwerte eingehalten würden wie bei den bisher eingesetzten Castoren. Das BfS, so ein Sprecher, habe im Genehmigungsverfahren auch die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugangriffs mit einer großen Passagiermaschine auf das Transportbehälterlager Gorleben untersucht.

Aus Sicht der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg ist das alles viel zu vage. Sie fordert die Offenlegung der Sicherheitsprüfungen für den neuen Behältertyp und hinterfragt Tests zur mechanischen Belastung sowie Feuertests. Nach Informationen der Atomkraftgegner wurde – wie bei früheren Castoren – beim Falltest kein Originalbehälter verwendet, sondern ein kleineres Modell. Doch: Je kleiner und dadurch kompakter ein Behälter, desto wahrscheinlicher sei ein besseres Abschneiden beim Falltest als mit dem 115 Tonnen schweren Originalkoloss.

Nunmehr warnt eine deutsch-US-amerikanische Forschungsgruppe davor, dass das Boratglas, das den hochradioaktiven Müll einschließt, bei Wasserkontakt bersten könnte. »Die Gefahr ist da«, sagte der Geowissenschaftler Wulf Depmeier von der Universität Kiel dem »Spiegel«.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal