Pharmafirmen werben für ihre Privilegien

Gespräch mit Gesundheitsminister Rösler

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Pharmaindustrie will die Bundesregierung von scharfen Regeln zur Kostensenkung bei neuen, teuren Medikamenten abhalten. Gleichzeitig winkt Firmen ein Steuergeschenk.

Berlin (dpa/ND). Unmittelbar vor Gesprächen mit Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat der Vorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Bernd Wegener, am Donnerstag in der ARD davor gewarnt, dass Arzneimittel »wie eine Konsumware verramscht werden sollen zum Nulltarif im Fortschrittsbereich«. Rösler müsse die Balance halten zwischen Fortschritt und Wirtschaftlichkeit. Auch Vertreter des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller waren zu Rösler geladen. Der Minister will demnächst ein Konzept vorlegen, um die steigenden Preise bei neuen Mitteln in den Griff zu bekommen.

Vergangene Woche hatten Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen bei Rösler u.a. eine deutliche Erhöhung des Herstellerabschlags für Arzneien gefordert. Insgesamt könnten rund vier Milliarden Euro gespart und damit weitere Zusatzbeiträge zu Lasten der Versicherten verhindert werden. Bei neuen, teuren Mitteln sollten Preise nicht mehr beliebig durch die Hersteller festgesetzt werden dürfen. Der BPI forderte hingegen, dass die Kassen zunächst weiter den vollen Herstellerpreis bezahlen sollten. Einzelverträge zwischen Kassen und Herstellern könnten den Betrag aber senken.

Der Bremer Gesundheitsexperte Gerd Glaeske sagte der »Rhein-Zeitung«: »Wenn Rösler die Kosten in der Gesetzlichen Krankenversicherung senken will, muss er sich mit der Pharmaindustrie anlegen«. Er solle die Kassen stärken und gesetzliche Privilegien für die Einführung neuer Medikamente kippen.

Derweil drohen den Kommunen durch weitere Steuersenkungen der Bundesregierung für forschende Firmen etwa aus der Pharmaindustrie 2010 zusätzliche Einnahmeausfälle von 1,8 Milliarden Euro. »Diese Maßnahmen der Koalition würden allein den Kommunen bei der Gewerbesteuer ein Minus von 700 Millionen Euro im Jahr bescheren«, sagte die Städtetagspräsidentin, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), der »Frankfurter Rundschau«. Das Bundesfinanzministerium hält im Gesetzestext die finanziellen Auswirkungen für »nicht bezifferbar«.

Bei den bisher unbeachteten Plänen geht es um die Rücknahme einer Neuregelung von 2008. Seither müssen forschende Firmen Steuern abführen, wenn sie Produktionswerke ins Ausland verlagern, obwohl sie dafür vorher Kosten für die Forschung und Entwicklung beim deutschen Fiskus geltend machten. Diese Regelung habe sich als zu »restriktiv« erwiesen, begründen Union und FDP ihren Vorstoß. Kommentar Seite 8

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