Der Feind steht auch links

De Maizière: Linksextremisten »unterschätzt«

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach der Veröffentlichung eines fragwürdigen Berichts über politisch motivierte Kriminalität mimt Bundesinnenminister Thomas de Maizière nun den entschlossenen Rächer. Der Ressortchef will verstärkt gegen vermeintlich linksradikale Brandstiftungen an Autos vorgehen.

Der Bundesinnenminister greift durch. In einem Interview für die Tageszeitung »Die Welt« kündigte de Maizière an, dass »Abfackeln« von Autos zum Thema auf der nächsten Innenministerkonferenz im Mai zu machen. »In der autonomen Szene wird allein die Anschaffung eines großen Autos als derartige Provokation gesehen, dass man sich über die Autobrände nicht wundern dürfe«, analysierte der Ressortchef. »Prävention und harte Strafverfolgung« seien hier nötig, so der Minister. Zwar wurden in Berlin und Hamburg im vergangenen Jahr mehr als 500 Fahrzeuge durch Brandstiftung zerstört oder beschädigt. Allerdings ist es selbst unter Fachpolitikern umstritten, ob wirklich alle Zündeleien aufs Konto von Linksextremisten gehen, Bislang konnte noch kein einziger linker «Feuerteufel« überführt werden. Dafür aber sogenannte Trittbrettfahrer und Versicherungsbetrüger.

Die Berliner Polizei schätzt, dass nur die Hälfte der Autobrände einen politischen Hintergrund hat. Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) geht davon aus, dass lediglich 20 Prozent der Autobrandstiftungen in seiner Stadt politisch motiviert sind.

Anlass für de Maizières Vorstoß war die Veröffentlichung des Berichtes über politisch motivierte Straftaten für das Jahr 2009 am Dienstag. Das zuständige Bundesinnenministerium verzeichnete demnach einen Anstieg von linksextremistischen Straftaten um 39,4 Prozent auf insgesamt 9 375 Fälle. Zwar bleiben die Linken weit abgeschlagen hinter den Nazis, die mit 19 468 Straftaten weiter vorne liegen, doch der Innenminister will die Zahlen als »Weckruf« verstanden wissen. Zulange habe man die Linksextremisten »unterschätzt«, so der Minister. Auf die angeblich zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte will der Ressortleiter nun mit Gesetzesverschärfungen reagieren. Bereits im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP vom Oktober des letzten Jahres wurde eine solche Strafrechtsverschärfung vereinbart. Und so wundert es nicht, wenn der Innenminister verspricht, Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger werde »bald einen Entwurf vorlegen«. Der solle nicht nur Gewalt gegen Polizeibeamte härter sanktionieren, sondern auch »die Sachbeschädigung von Polizei- und Rettungsfahrzeugen«.

Dass die Gesetzlage bereits ausreichend ist, zeigt der Fall zweier Berliner Schüler, die nach den Krawallen zum 1. Mai im letzten Jahr sieben Monate in U-Haft sitzen mussten. Zu Unrecht, sie wurden Opfer einer Verwechslung.

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