Diese Jobs sind sexy

Die Bundesagentur für Arbeit versucht mit allen Mitteln, Jugendliche über deren Lieblingsmedien zu erreichen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kooperiert in ihrem »Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit« auch mit privaten Medien wie dem Fernsehsender RTL 2. Der Jugendzeitschrift »Bravo« brachte diese Zusammenarbeit kürzlich eine Rüge des Presserates ein.
Mehr als zwei Millionen Euro zahlte die Bundesagentur für eine Werbekampagne in der »Bravo«.
Mehr als zwei Millionen Euro zahlte die Bundesagentur für eine Werbekampagne in der »Bravo«.

Der Deutsche Presserat ist das Selbstkontrollorgan der deutschen Verleger- und Journalistenverbände. Ursprüngliches Ziel der 1956 gegründeten Vereinigung ist es, durch die brancheninterne Aufsicht zu verhindern, dass sich staatliche Aufsichtsorgane ins Pressegeschäft einmischen. Auf Basis sogenannter »publizistischer Grundsätze«, die in einem Pressekodex zusammengefasst sind, wacht der Presserat über die deutsche Print- und Onlinelandschaft. Wenn etwa die notorisch auffällige »Bild« durch reißerische Berichterstattung gegen die »Menschenwürde« verstößt, dann spricht der Rat eine Rüge aus, die dann auch in dem Blatt abgedruckt werden muss.

Im März dieses Jahres traf es auch die Jugendzeitschrift »Bravo«. Der Presserat rügte das knallbunte Blättchen, weil es gegen das Gebot der Trennung von Redaktion und Werbung verstoßen haben soll. In dem Artikel »So kriegst Du Deinen Traumjob« berichtete die Zeitschrift über den Besuch des Komikers Oliver Pocher in einem Berufs-Informations-Zentrum der Bundesagentur für Arbeit (BA). Was »Bravo« den Lesern verschwieg: Pocher ist seit 2009 »Werbefigur« der Nürnberger Behörde und wurde nach Angaben des Presserates »für diesen Besuch engagiert«. Einen entsprechenden Hinweis suchte man in dem beanstandeten Artikel vergebens.

Der Rat sah hier eine Verletzung der unter Ziffer 7 im Pressekodex geforderten »klaren Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen«. Wie das Nachrichtenmagazin »Spiegel« in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, kooperiert die Bundesagentur seit 2007 mit der »Bravo«. Unter der Rubrik »Job Attacke« stellte die zum Bauer-Verlag gehörende Zeitschrift regelmäßig »Angebote zu Ausbildungsplätzen und Berufswahl« vor, so der »Spiegel«.

Die Bundesagentur zahlte dafür insgesamt 2,2 Millionen Euro. Allein im vergangenen Jahr überwies man dem Bauer-Verlag 700 000 Euro. Für den »Spiegel« ist die Sache klar: »Die BA zahlt offenbar seit Jahren für Artikel.«

Die Bundesagentur weist die Vorwürfe zurück: »Die Kooperation zwischen ›Bravo‹ und BA war von Anfang klar erkennbar und transparent« gewesen, heißt es in einer Presseerklärung. Zu keiner Zeit habe es »eine Beeinflussung redaktioneller Inhalte gegeben«, behauptet die Nürnberger Behörde. Nach dieser Lesart muss es sich bei der vom Presserat gerügten PR-Aktion mit Oliver Pocher um einen Betriebsunfall gehandelt haben.

Eine Sprecherin der Bundesagentur bestätigt dies gegenüber ND. Offenbar unterlief den Redakteuren der »Bravo« hier ein Fehler. Ansonsten sei eine Medienkooperation aber »nichts ungewöhnliches«, betonte die Sprecherin. So arbeite man derzeit mit dem Wissensmagazin »Welt der Wunder« des bei Jugendlichen beliebten Privatsenders RTL 2 zusammen. Unter dem Motto: »Du hast Zukunft« rührt man dort kräftig die Werbetrommel für »Deutschlands größten Dienstleister am Arbeitsmarkt«. In der eigens für diesen Zweck produzierten Serie »Job XL« soll bei den Kids offenbar Lust aufs Arbeiten geweckt werden. Bizarrer Höhepunkt dieser Bemühungen ist die im Internet noch abrufbare Bilderstrecke: »Diese Jobs sind sexy«. Neben Berufen wie Feuerwehrmann oder Arzt werden dort eher ungewöhnliche Jobs wie Spielerfrau, Schauspieler oder Sportler vorgestellt. Bei Kindern falsche Vorstellungen über den Charakter von Erwerbsarbeit zu wecken, ist nicht verboten. Doch wenn eine Bundesbehörde Geld aus ihrem Etat an Medienkonzerne weiterreicht, bleibt ein schaler Beigeschmack.

Allerdings muss RTL 2 keine Rüge fürchten, denn für Fernsehsender ist der Deutsche Presserat nicht zuständig.

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