Gemeinde in Chiaspa

Amparo Sánchez

  • Lesedauer: 3 Min.
Amparo Sánchez galt einst als weibliches Pendant von Manu Chao. Mit »Tucson-Habana«, ihrer neuen Platte, hat sich die 41-Jährige jedoch weit vom Mestizo-Sound vergangener Tage entfernt. Mit der Sängerin aus Andalusien sprach Knut Henkel.

ND: Es scheint, als ob Sie mit »Tucson-Habana« eine neue Etappe in ihrer Karriere einläuten – erstmals ohne Band. Und es sind auch nicht mehr die Mestizo-Rhythmen, die dominieren. Wann haben Sie sich entschieden, die Weichen neu zu stellen?
Sánchez: Nach der Tour 2008 von Amparanoía war klar, dass es einen Schnitt geben würde. Unklar war nur, in welche Richtung er gehen würde. Ich habe die ersten Songs komponiert, ohne eine feste Idee im Kopf zu haben, sie aufgenommen und sie meinen Freunden von Calexico geschickt. Die haben mich dann ins Studio nach Tucson, Arizona, eingeladen und dort hat sich dann alles entwickelt.

Welche Bedeutung hatte die Atmosphäre einer Grenzstadt für das Album?
In Tucson habe ich mich wie in Mexiko gefühlt, denn die Kultur und Sprache ist dort sehr präsent. Dieses Grenzambiente hat sich auch auf die Platte ausgewirkt.

Auch auf die Texte, die immer wieder Bezug nehmen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse?
Ja, ich war im Kontakt mit einer Organisation, die sich um Migranten kümmert, die es über die Grenze geschafft haben. Es sind viele, die es nicht schaffen. Diejenigen, die es schaffen, können sich dann darauf einstellen, knallhart ausgebeutet zu werden. Das hat sich auch in den zwanzig Stücken niedergeschlagen, die wir letztlich aufgenommen haben und von denen vierzehn auf der Platte landeten. Darunter auch »Corazón de la realidad«, mein Lieblingsstück, das ich einer indigenen Gemeinde in Chiapas gewidmet habe. Die heißt schlicht realidad – Realität.

Ticken dort die Uhren anders?
Ja, denn die Caracoles, über die ich singe, sind die Orte, wo sich die Zapatisten treffen, wo die Versammlungen stattfinden, wo gemeinsam Entscheidungen für die Zukunft der Gemeinde getroffen werden – basisdemokratisch. Für mich sind das alternative Strukturen, die nicht nur für Mexikos Gesellschaft interessant sein können.

Welche Bedeutung hatten Joey Burns und John Convertino von Calexico für die Entstehung des Albums?
Die beiden gingen mit meinen Songs sehr respektvoll um. Das ist die ideale Grundlage für eine Zusammenarbeit. Es ist großartig, was Joey mit einigen wenigen Akkorden ausdrücken kann – und Johns Schlagzeug ist gigantisch.

Der zweite Teil des Albums ist in Kuba entstanden. Dazu haben Sie Omara Portuondo ins Studio eingeladen.
Für mich hat Omara Portuondo die unglaublichste und schönste Stimme der ganzen Insel. Als ich, etwa 1996, den Buena Vista Social Club zum ersten Mal hörte, hätte ich nie geglaubt, dass ich einmal mit dieser Frau, die so beeindruckend »Dos Gardenias« sang, im Studio stehen würde.

Welche Bedeutung hat die kubanische Musik für Sie?
Ich habe immer einen lateinamerikanischen Einfluss gehabt. Der ist auf der neuen Platte vielleicht noch stärker als früher.

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