Die größte Waffenschmiede der Welt

Erstmals britischer Konzern Nr. 1 aller Rüstungsfirmen / Globaler Umsatz höher als Entwicklungshilfe

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl USA-Waffenschmieden den globalen Rüstungsmarkt weiter dominieren, ist mit BAE Systems erstmals ein britischer Konzern zum größten Waffenhersteller der Welt aufgestiegen, heißt es in einem am Montag vorgelegten Bericht des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI.

Das größte Industrieunternehmen Großbritanniens beschäftigt weltweit über 100 000 Mitarbeiter – und ist eine Waffenschmiede, die u. a. federführend am Bau des Kampfjets Eurofighter beteiligt ist. Nun hat es BAE Systems auch an die Spitze aller Rüstungskonzerne geschafft; womit erstmals kein USA-Unternehmen weltgrößter Waffenhersteller ist, wie aus einem am Montag veröffentlichten SIPRI-Report hervorgeht.

BAE Systems entstand vor elf Jahren aus dem Zusammenschluss von British Aerospace und Marconi Electronic Systems. Der Konzern verdankt seinen Spitzenplatz vor allem dem Pentagon und Washingtons Kriegen, macht er doch in den USA über die Hälfte seines Umsatzes. 2008, das letzte Jahr, für das verlässliche Zahlen vorliegen, habe BAE Rüstungsgüter für 32,4 Milliarden Dollar (23,7 Mrd. Euro) verkauft und damit Boeing (21,4 Mrd. Euro) vom ersten Platz verdrängt. Der Luftfahrt- und Rüstungsriese fiel sogar noch hinter den heimischen Konkurrenten Lockheed Martin (21,5 Mrd. Euro) zurück. Insgesamt erzielten die 100 größten Rüstungsfirmen der Welt laut SIPRI 2008 einen Umsatz von 385 Milliarden Dollar (285 Mrd. Euro), elf Prozent mehr als im Jahr zuvor. »Um diese Zahlen in Relation zu setzen: Die gesamte Entwicklungshilfe aller OECD-Staaten betrug im selben Jahr 120 Milliarden«, so das renommierte Stockholmer Institut.

Der weltweite Waffenmarkt wird dabei weiter von US-amerikanischen Konzernen dominiert. Unter den 100 größten listet SIPRI 44 mit Hauptquartier in den USA auf; sie stellen 60 Prozent des globalen Umsatzes. Mit Almaz-Antei schaffte es erstmals ein russischer Produzent unter die Top 20. Dort finden sich auch diverse deutsche Hersteller: Rheinmetall (Platz 29), Krauss-Maffei (42), Thyssen-Krupp (49), Diehl (64) und MTU Aero (79). Der europäische EADS-Konzern, an dem Daimler beteiligt ist, macht etwa 28 Prozent seines Umsatzes mit Rüstungsgeschäften (Flugzeuge und Raketen) und nimmt inzwischen mit 17,9 Milliarden Dollar Platz sieben auf der Hitliste der Todeshändler ein.

Möglicherweise suchen EADS und BAE demnächst sogar den Schulterschluss, um doch noch den milliardenschweren Auftrag über Tankflugzeuge für die US-Luftwaffe zu ergattern. Mit dem früheren Partner Northrop Grumman hatte sich der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern aus dem Rennen zurückgezogen, weil man sich benachteiligt fühlte. Das Pentagon verlängerte inzwischen die Frist für neue Angebote.

BAE Systems, das allein 2008 einen Gewinn vor Steuern von 2,4 Milliarden Pfund erzielte, ist aber auch noch in anderer Hinsicht rekordverdächtig: Im Februar zahlte der Konzern 286 Millionen Pfund (327 Mio Euro), um sich von schweren Korruptionsvorwürfen freizukaufen. Dafür stellte die zuständige britische Behörde ihre jahrelangen strafrechtlichen Ermittlungen wegen mutmaßlicher Schmiergeldzahlungen ein.

Rüstungsgegner zeigten sich empört. Man sei »schockiert und wütend«, dass sich BAE-Manager nach dem Vergleich nicht mehr vor Gericht verantworten müssen, so etwa die Campaign Against the Arms Trade. In den USA muss das Unternehmen zudem 400 Millionen Dollar Strafe an das Justizministerium zahlen, weil es gegenüber der Washingtoner Administration irreführende Angaben über Geschäfte mit Ländern wie Ungarn, Tschechien und Saudi-Arabien gemacht hatte.

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