»Stehlen uns nicht aus der Verantwortung«

Bahnindustrie will die Auftraggeber mit technischem Höchststand und Zuverlässigkeit begeistern

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.
Pleiten, Pech und Pannen bestimmten die vergangenen Monate bei der Deutschen Bahn. Der Verband der Bahnindustrie bekräftigte auf seiner Jahrespressekonferenz am Dienstag in Berlin aber nochmals, dass die Betreiber und nicht die Hersteller von Schienenfahrzeugen für Wartung und Instandhaltung verantwortlich seien.

Wenn der große Aufschwung für die Bahnindustrie vorüber ist, wartet sie darauf, dass ihr größter Auftraggeber, die Deutsche Bahn, für Beschäftigung sorgt. Zurzeit laufen die Verhandlungen über einen Großauftrag für die Nachfolgegeneration von rund 300 Intercityzügen. Im Juni soll entschieden sein, wer sie bauen darf. Einer der drei Systemhersteller, Siemens, Bombardier oder Alstom? Oder werden Züge im Ausland bestellt?

Die deutsche Bahnindustrie wirbt mit dem in vielen Jahrzehnten erworbenen Know-how, den großen Leistungen von Wissenschaft, Technik sowie einer umfassenden Qualitätssicherung in der Produktion. »Dabei sind Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und vor allem Sicherheit unserer Erzeugnisse die Kernthemen unserer Arbeit«, stellte Klaus Baur, Präsident des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland, auf der Jahrespressekonferenz heraus.

Widersprach er damit den bösen Nachrichten seit 2008 über gerissene ICE-Radsätze und andere Störungen in den Fahrzeugen? Bahnchef Rüdiger Grube hatte wiederholt auf die Verantwortung der Bahnindustrie verwiesen, auch vom »Webfehler der Bahnreform« gesprochen, weil die Deutsche Bahn für die Qualitätsmängel nun allein zuständig sei.

Hat Grube recht? Sicherlich kann man vom Verbandspräsidenten nicht erwarten, dass er den potenziell größten Auftraggeber zurechtweist. Baur stellte aber klar: »Generell gilt für die Herstellung von rollendem Material, dass es nach verbindlichen, heute weitgehend europäischen Normen und gemäß dem aktuellen Stand der Technik gefertigt wird. Die Hersteller erwirken auch die Zulassung in den Zulassungsbehörden, in Deutschland vom Eisenbahn-Bundesamt. Die anschließende Gewährleistungsfrist läuft nach Übernahme durch den Betreiber in der Regel in zwei bis fünf Jahren ab. Die Vorstellung, wir würden uns aus der Verantwortung für unsere Produkte stehlen (wie es Grube behauptete), ist abwegig.«

»Der Betreiber«, also beim ICE und der S-Bahn die Deutsche Bahn, legt fest, wo und wie das rollende Material eingesetzt wird. Die Hersteller haben auf den Betrieb meist keinen Einfluss. Auch Wartung und Instandhaltung liegen in der Verantwortung des Betreibers. Ob er dabei gründlich ist oder sie verschlampt, entscheidet er und nicht die Bahnindustrie. Baur wörtlich: »Zur Wartung und Instandhaltung gehört auch die Beobachtung, wie sich die Normen und technischen Standards weiterentwickeln.«

Die Bahnindustrie diskutiert mit dem Verkehrsministerium und dem Eisenbahn-Bundesamt, wie im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) der Informationsaustausch über die Wartung und Erfahrungen im Eisenbahnbetrieb geregelt werden kann. Auch haben die Hersteller das Fraunhofer-Institut beauftragt, das Problem der Dauerfestigkeit von Eisenbahnradsätzen wissenschaftlich zu klären.

Das Jahr 2009

  • Mit 10,4 Milliarden Euro überschritt der Umsatz erstmals die Milliardengrenze.
  • Der Auftragseingang brach auf 10,3 Milliarden (um 19,5 Prozent) ein.
  • Die heimischen Bestellungen stagnierten auf niedrigem Niveau (4,5 Milliarden Euro), die aus dem Ausland stiegen auf 5,9 Milliarden Euro an.
  • Die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen sank um 26,7 Prozent, das Geschäft mit Loks, Güterwagen und deren Komponenten kam fast zum Erliegen.
  • Mit 44 800 blieb die Zahl der Beschäftigten auf dem Vorjahresniveau, allerdings bei verbreiteter Kurzarbeit und bisher rund 300 betriebsbedingten Kündigungen.
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