Israelische Lernfähigkeit

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Es sei schon sehr dumm gewesen, ausgerechnet während des Besuchs von US-Vizepräsident Biden neue Siedlungspläne für das arabische Ostjerusalem zu verkünden. Im Westen hatten die Diplomaten die Köpfe geschüttelt. Das war vor einem Monat. Washington gab sich pikiert. Auch Staatschef Peres war das Agieren seiner Regierung so peinlich, dass er die Freunde aus dem Weißen Haus um Verzeihung bat – für den unglücklichen Zeitpunkt der Ankündigung jener Pläne.

Anschließend hatte die israelische Regierung Lernfähigkeit gelobt. Und nun auch bewiesen. Als Vizepremier Jaalon gestern in der »Jerusalem Post« über das Thema Siedlungen sinnierte und zu dem Schluss kam, dass Israel niemals einen Posten im Palästinensergebiet räumen sollte, war kein US-Politiker im Lande, den man hätte brüskieren können. Vielleicht hat sich Jaalon sogar ermutigt gefühlt durch die US-Außenministerin. Hillary Clinton hatte am Donnerstag bei einem Essen für arabische Botschafter und auch den aus Israel die Politiker der Region zu »mutiger Führungsstärke« aufgefordert. Durchaus denkbar, dass sie das mit der Führungsstärke anders gemeint hat. Aber einen Protest gegen Jaalon gibt es aus dem State Department bis dato nicht.

Alles wieder nur ein Missverständnis? Möglich. Das Problem für Clinton ist, dass sie eben während jenes Essens auch davor warnte, dass »die Extremisten in der Region« die lange Pause seit den letzten Friedensgesprächen für ihre Ziele nutzen könnten – und gleichzeitig Israel zusicherte, sein »treuer Verbündeter« zu bleiben. Die Araber warten jetzt auf die Versicherung, dass sie mit den Extremisten nicht gemeint waren.

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