Wiesbaden macht es Nazis leicht

Dezernentin gab Stadtteil für Aufmarsch frei

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenige Tage vor einem geplanten Aufmarsch der NPD-Jugendorganisation am 8. Mai in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden gerät die Stadtverwaltung wegen ihrer Kooperation mit den Neonazis zunehmend in die Kritik.

Politische Naivität oder Absicht? Die Wiesbadener Ordnungsdezernentin Birgit Zeimetz (CDU) hat hinter dem Rücken der Öffentlichkeit mit Neonazis über Ort und Zeitpunkt eines Aufmarsches der NPD-Jugendorganisation (Junge Nationaldemokraten) am 8. Mai verhandelt. Wie Vertreter eines antifaschistischen Bündnisses aus Parteien, Kirchen und Gewerkschaften kritisieren, habe die Dezernentin ohne Not den Stadtteil Erbenheim für die Neonazi-Szene freigegeben. Gleichzeitig habe die CDU-Frau der Öffentlichkeit bewusst vorgegaukelt, dass sie die Demonstration verboten habe. Offensichtlich komme es ihr hauptsächlich darauf an, das braune Treiben von der Innenstadt fern zu halten. Damit schaffe sie aber auf Kosten der Erbenheimer Bevölkerung breiten Raum für den braunen Spuk.

Zudem habe Zeimetz der Neonazi-Szene wertvolle Zeit gegeben, um ihre Kräfte gut drei Wochen lang auf eine legale Demonstration hin zu mobilisieren, betonten Wiesbadener Antifaschisten bei einem Pressegespräch am Montag. Dies gebe den Nazis unendlich mehr Planungs- und Organisationssicherheit als das sonst übliche Prozedere von Demonstrationsverboten, Gerichtsverfahren und Urteilen wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn. Die JN habe Wiesbaden als Ort ihrer Demonstration »gegen Folterknechte und Kriegstreiberei« gewählt, weil im Stadtteil Erbenheim derzeit die künftige Europazentrale der US-Armee eingerichtet wird. Daher dürften sich die Veranstalter über die freiwillige Zusage von Zeimetz, nun direkt in Erbenheim zu demonstrieren, gefreut haben.

Der Wiesbadener Mediziner Michael Wilk zeigte sich »vergrätzt« darüber, dass die Stadtverwaltung zur Verhinderung der Nazi-Demonstration nicht einmal alle rechtlichen Mittel voll ausgeschöpft und ein Demonstrationsverbot erlassen habe, so wie dies in letzter Zeit viele andere Städte getan hätten. Ähnlich sieht das auch der SPD-Landtagsabgeordnete Ernst-Ewald Roth, der den »vorauseilenden Gehorsam« der Stadtspitze kritisiert und von den Behörden mehr Kooperation mit den Nazi-Gegnern erwartet hätte: »Wir wollen, dass die Nazis keinen öffentlichen Raum haben, schon gar nicht am 8. Mai«, bekräftigte Roth.

»Viele aktive Gewerkschafter aus der gesamten Rhein-Main-Region werden am 8. Mai in Erbenheim dabei sein«, kündigte DGB-Regionsvorsitzender Harald Fiedler an. Die Vertreter des Bündnisses machten am Montag noch einmal deutlich, dass man sich den Nazis in Erbenheim stellen werde. Das Bündnis gegen den Naziaufmarsch hat eine von Freitag Nachmittag bis Samstag um 22 Uhr dauernde Mahnwache mit Gang durch Erbenheim angemeldet. Beginn der Gegenaktionen in der Erbenheimer Ortsmitte ist am Samstag um 8 Uhr. Eine mehrstündige Kundgebung ist für 9 Uhr angesetzt.

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