Zu viel Katastrophe

»Unter dir die Stadt« – deutscher Festival-Beitrag in Cannes

  • Barbara Schweizerhof, epd
  • Lesedauer: 2 Min.

Um die Verdorbenheit der großen Geldgeschäfte darzustellen, spielt das Kino am liebsten die große Liebe dagegen aus. Hollywood-Regisseur Oliver Stone baut die Handlung in seinem in Cannes präsentierten Film »Wall Street – Money never sleeps« auf diesem Gegensatz auf. Und genauso macht es Christoph Hochhäusler in seinem »Unter dir die Stadt«, dem einzigen Beitrag eines deutschen Regisseurs in der offiziellen Auswahl des Filmfestivals. Hochhäusler siedelt seine Geschichte im Frankfurter Bankermilieu an.

Ein junges Paar ist soeben aus Hamburg nach »Mainhattan« gezogen, weil der Mann (Mark Waschke) dort einen Job angetreten hat. Während er sich in die neuen Aufgaben stürzt, streift seine Frau (Nicolette Krebitz) noch orientierungslos durch die ihr fremde Stadt. Ein Zufall lässt sie mit dem Chef ihres Mannes (Robert Hunger-Bühler) zusammentreffen. Der soeben zum »Banker des Jahres« ernannte Spitzenmanager verliebt sich auf der Stelle in die junge Frau und scheut im Folgenden nicht davor zurück, ihren Mann ins ferne Indonesien versetzen zu lassen, um sie für sich zu haben. Natürlich geht die Geschichte für keinen der Beteiligten gut aus.

Hochhäusler erzählt von dieser »Amour fou« mit stilisierter Kälte. Dem Film gelingen dabei großartige Aufnahmen der Stadt Frankfurt mit ihrer disparaten Mischung aus Wirtschaftsmetropole und mentaler Kleinstadt, aus gemütlicher Spießigkeit und Hochglanzmoderne. Wo der Film visuell überzeugt, enttäuscht er aber in seinen Figuren: Nicolette Krebitz kann das offenbare Vorbild ihrer Rolle, die labile Frau von rätselhafter Erotik, für die Romy Schneider berühmt wurde, nicht erreichen.

Und die übrigen Charaktere sind durchgängig so unsympathisch und distanziert gezeichnet, dass es als Zuschauer schwer fällt, sich für sie zu interessieren. Am Ende deutet Hochäusler nicht nur die totale Demontage des Banker-Chefs an, sondern gleich die ganz große Katastrophe, womit er seine im Kern doch simple Geschichte vollends überfrachtet.

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