- Kommentare
- Kolumne
Präsident
Wenn nichts dazwischenkommt, wird Christian Wulff demnächst zum Bundespräsidenten befördert. Damit bekommt das höchste Staatsamt ein Vertreter einer Minderheit, die in der Öffentlichkeit wenig respektiert wird, nämlich der Politiker. Das ist zu begrüßen, denn der Inhaber dieser Position kann nur mit der Macht des Wortes arbeiten und hat sonst nichts zu sagen, was für die meisten Leute genauso zutrifft, so dass hier eine Bürgernähe entsteht, die bei Politikern oft vermisst wird.
Es wäre deshalb zu überlegen, ob ein einziger Präsident wirklich ausreicht oder nicht noch mehr Bundespräsidentenstellen eingerichtet werden sollten, vielleicht als Aussteigerprogramm für Politiker, die langsam von der Macht herunterkommen wollen. Die Kostenfrage dürfte durch Einsparungen an anderen Stellen geklärt werden können, etwa durch den Wegfall einiger unrentabler Bundesländer, zumal ohnehin der Kreis der Bewerber überschaubar ist. Unterrepräsentiert sind Frauen, was wohl daran liegt, dass die kandidierende Person über vierzig sein muss und man erst mal eine Frau finden müsste, die das zugibt.
Wenn, nach herrschender Interpretation, der Bundespräsident befürwortet, dass die Bundeswehr die Handelswege freischießt, könnte er auch einen eigenen Beitrag gegen Handelsblockaden leisten und beispielsweise an einer Friedensaktion teilnehmen, die per Schiff nach Gaza Hilfslieferungen bringt, die zwar nicht einmal die Hamas haben will, womit man aber einen Schritt zur Aufhebung der Blockade leistet und die Lieferungen von Waren ermöglicht, mit denen die Hamas etwas anfangen kann. Dabei könnte er oder sie Henning Mankell darüber befragen, wie es nach der Befreiung weitergeht und wohin die Israelis dann sollen; nach Schweden können sie nicht, dort ist der Antisemitismus zu groß, von dort fliehen Juden gerade. Möglicherweise hat Henning Mankell schon so weit gedacht, dass sich diese Frage nicht stellen wird.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann auch bei dem derzeitigen Einsparungsdruck der Bundespräsident nicht abgeschafft werden, doch künftig sollen seine Funktionen durch Programmapplikationen auf dem iPad ersetzt werden.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.