Gutmenschentum

Eva Hermans Abrechnung mit den Medien

  • Alexander U. Martens
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ruhig geworden um die ehemalige Tagesschau-Sprecherin und TV-Moderatorin Eva Herman. Gewiss auch eigenes Ungeschick, in erster Linie jedoch eine sich als Political Correctness gerierende Böswilligkeit ihrer vormaligen Kolleginnen und Kollegen in den Medien haben es geschafft, Eva Herman wegen ihres geradezu missionarischen Eintretens für ein erklärt konservatives Familienbild in die braune Schmuddelecke abzudrängen.

Das mag der Grund sein, warum keiner jener Verlage, die sich früher mit Eva Hermans Büchern schmückten und gutes Geld daran verdienten, ihr neues Buch »Die Wahrheit und ihr Preis« herausgebracht hat, mit dem sie versucht, den Makel des ihr fälschlich verpassten Stempels »braun und blöd« wieder loszuwerden. So ist dieses Buch in einem Verlag erschienen, der vor allem Liebhabern von Verschwörungstheorien, UFO-Geschichten und Weltuntergangsszenarien bekannt sein dürfte. Ob sich Eva Herman mit diesem Umfeld einen Gefallen getan hat, steht dahin, zumal der Kopp Verlag anscheinend nicht einmal über ein Lektorat verfügt, das die Autorin vor manch schiefem Sprachbild, peinlichem Pathos, zuweilen ärgerlicher Selbstüberheblichkeit und ermüdenden Wiederholungen bewahren hätte können.

Und das ist schade. Denn der »Fall Herman« ist leider ein abschreckendes Lehrstück über die ungute Rolle, die ein großer Teil unserer Medien dabei gespielt hat, eine Frau, nur weil ihre familienpolitischen Vorstellungen dem emanzipatorischen Zeitgeist zuwiderlaufen, im wahrsten Sinne »fertig zu machen« und ihre gesellschaftliche Existenz zu vernichten.

Gerade auch als Journalist liest man mit einiger Beklemmung, mit wie viel unsauberen Recherchen, falschen Zitaten und bösartigen Missverständnissen mit Erfolg versucht wurde, Eva Herman an den Pranger zu stellen; am schäbigsten und spektakulärsten fraglos bei »Kerner « am 9. Oktober 2007, als der Moderator sie zwang, die laufende Sendung zu verlassen.

Man muss für Eva Herman weder besondere Sympathie empfinden, noch gar ihr Weltbild teilen, um aus ihrem Beispiel zu lernen, wie viel Unrecht ein vernetztes Gutmenschentum infamerweise jemandem antun kann, der glaubt, auch gegen den Mainstream noch das Recht auf eine eigene Meinung zu haben. Und insofern ist dieses Buch, trotz vieler stilistischer Mängel, eine aufschlussreiche Lektüre für alle, die sich für die Welt der sogenannten Medienmacher interessieren.

Eva Herman. Die Wahrheit und ihr Preis. Kopp Verlag, Rottenburg 2010, 281 S., geb. 19,95 Euro.

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