Manipulierer

Stefan Ortseifen / Früher Vorstand der IKB, jetzt vorbestraft

Gestern wurde Stefan Ortseifen, der ehemalige Vorstandssprecher der Mittelstandsbank IKB, zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Zusätzlich muss er 100 000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen.

Immerhin, der Mann ist nun vorbestraft. Damit hätte man kaum gerechnet. Was hat er bloß ausgefressen? Hat er die Finanzblase persönlich aufgepustet und zum Platzen gebracht?

»Knapp vorbei an einem nationalen Desaster« überschrieb die »Welt« einen Artikel, der kurz nach dem Zusammenbruch der IKB und Ortseifens Entlassung erschien. Darin lobte Jochen Sanio, Präsident der BaFin, eine erste kleine Hilfsaktion zur Rettung der IKB. Schließlich hätte der »plötzliche Zusammenbruch einer mit der guten Bonität AA bewerteten Bank eine unerwünschte psychologische Verunsicherung ausgelöst«.

Ähnliches dürfte sich Ortseifen wenige Tage zuvor gedacht haben, sollte er, entgegen seiner Darstellung, doch geahnt haben, dass es um die IKB nicht gut bestellt war. Ein von der Bank betreuter Fonds hatte in großem Maße in die minderwertigen Immobilienkredite in den USA investiert. Am 20. Juli 2007 verfasste Ortseifen eine Pressemitteilung, in der er Gewinne in Aussicht stellte und nur vergleichsweise geringe Abschreibungen ankündigte. In der Folge dieser Meldung stieg der Aktienkurs der IKB vorübergehend an. Eine Woche später wurde das Ausmaß des Desasters deutlich.

Stefan Ortseifen hat nach Ansicht des Gerichts gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen, weil er die Dinge in jener Pressemitteilung allzu positiv darstellte und somit den Börsenkurs manipulierte. Die finanziellen Schwierigkeiten der IKB wären allerdings auch bei korrektem Verhalten Ortseifens nicht mehr aufzuhalten gewesen. Und gegen das Verspekulieren sind die Manager der IKB mit einer Art Haftpflichtversicherung ohne Eigenbeteiligung abgesichert. So gesehen ist Ortseifens Strafe geradezu hart.

Dass der Staat allein zur Rettung der IKB rund zehn Milliarden Euro aufbrachte, die nun in mühevoller Kleinarbeit von Hartz-IV-Empfängern wieder zusammengespart werden sollen, gilt hierzulande nicht als »nationales Desaster«. Und dafür wird auch niemand bestraft werden.

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