Uns fehlen Helden

Radprofi Gerald Ciolek über Milrams Ausstieg

  • Lesedauer: 2 Min.
Es ist ein Abwärtsstrudel, in dem sich der deutsche Profiradsport nach dem wahrscheinlichen Aus des Milram Teams befindet. Das gilt aber nicht zwangsläufig auch für deren Fahrer, wie der 23-jährige Kölner Radprofi GERALD CIOLEK (Foto: dpa) vor der elften Etappe der Tour de France im Gespräch mit TOM MUSTROPH verrät.

ND: Sie sind vor zwei Jahren als Teamleader zu Milram gekommen. Doch die hohen Erwartungen, die in Sie gesetzt wurden, haben sich nur selten erfüllt. Woran lag das?
Ciolek: Ich musste erst herausfinden, was für eine Art Fahrer ich bin. Jetzt weiß ich: Ich bin keiner, der 25 Saisonsiege holt. Ich kann mit meiner Charakteristik nicht bei jedem Massensprint mit vorn sein. Ich muss mir die Rennen gezielt aussuchen, die zu mir passen. Auswählen und dann zuschlagen, so wie Oscar Freire das macht.

Bei Milram wird Ende der Saison vermutlich Schluss sein. Was bedeutet das für Sie?
Eine Alternative weniger. Mein Vertrag läuft Ende des Jahres ohnehin aus. Mit einigen Teams stehe ich schon in Gesprächen. Ich bin davon überzeugt, auch nächstes Jahr Radrennen zu bestreiten.

Ist eine Rückkehr zu Team Columbia für Sie eine Option?
Ich will nichts ausschließen. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu Columbia und nie Probleme mit Mark Cavendish, auch wenn er ebenfalls Sprinter ist.

Welche Folgen hat das wahrscheinliche Aus von Milram für den deutschen Radsport?
Es gibt viele Talente derzeit, aber wenn sie sich nicht auf hohem Niveau zeigen können, wird es schwierig mit ihrer Entwicklung. Das ist schade. Dass sich kein Nachfolgesponsor für Milram finden lässt, hat sicher auch mit der gesunkenen Begeisterung für den Radsport in Deutschland zu tun.

Worin liegt die begründet?
Das hat sich der Radsport selbst zuzuschreiben. In den letzten Jahren ist sehr viel Vertrauen verloren gegangen. Das muss man sich jetzt zurückerobern. Das ist nicht einfach. In Deutschland war es aber auch immer so, dass sich alles auf einen positiven Helden konzentriert hat. Ist dieser da, geht es auch wieder aufwärts.

Was fehlt Ihnen, um selbst dieser positive Held zu sein?
Ein paar Etappensiege bei der Tour. Nur das zählt in Deutschland. Allenfalls noch Mailand - Sanremo, das Erik Zabel ja mehrfach gewonnen hat. Bei dieser Tour gibt es nur noch zwei Etappen, die mir vom Profil her liegen: die heutige und das Finale in Paris. Ich werde alles versuchen.

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