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Schicht im Schacht

Vor zwanzig Jahren wurde im Mansfelder Land der Kupferbergbau eingestellt. Bis heute ist die Region ohne Perspektive

  • Petra Buch, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Jahr 1990 wurde der Kupferschieferbergbau nach 800 Jahren im Mansfelder Land eingestellt. Zehntausende verloren ihre Arbeit. Wirtschaftliche Leuchttürme fehlen der Region bis heute. Das soll sich aber ändern, versprechen die Politiker.    

Sangerhausen/Eisleben. Der Vater hat unter Tage im Kupferschieferbergbau körperlich schwer gearbeitet, die Mutter saß im Büro und der Sohn lernte im Bergbau. Ganzen Generationen ging es so im Mansfelder Land, einem der wichtigsten Industriezentren in Ostdeutschland. Am 10. August 1990 war »Schicht im Schacht«, der letzte Wagen Kupfererz wurde in Sangerhausen gefördert.

Nach 800 Jahren wurde der Bergbau im Revier aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Marode, umweltverpestende Hüttenbetriebe wie in Helbra, wurden stillgelegt. Im »Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck« arbeiteten zu DDR-Zeiten bis zu 48 000 Menschen.

Die Sprüche des Ministers

Passiert ist seit 20 Jahren – bis auf den Neubau der Südharzautobahn A 38 (Halle-Göttingen) – im Vergleich zu anderen Industrieregionen in Ostdeutschland noch zu wenig. Die Arbeitslosigkeit ist im Landkreis Mansfeld-Südharz mit 15,4 Prozent (Juli 2010) eine der höchsten in Deutschland. Etwa 152 500 Menschen leben in dem Landstrich um Eisleben, Sangerhausen und Hettstedt, der zwischen dem Wirtschaftsraum Halle-Leipzig und dem Harz liegt. Der Mittelstand ist nach Expertenansicht als Rückgrat der Wirtschaft noch zu schwach. Es fehlen neue Branchen, wie sie sich zum Beispiel im Chemiedreieck Bitterfeld-Schkopau-Leuna mit der pharmazeutischen Industrie und »Solar Valley« in Thalheim als einem der größten Solarstandorte Europas angesiedelt haben, sagt Udo Ludwig, Konjunkturexperte des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). »Die Zukunft der Region Mansfeld-Südharz liegt in der Stärkung der Industrielandschaft durch die Ansiedlung weiterer, insbesondere großer Unternehmen«, betont Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU). Fachkräfte seien da. Mit einem geplanten Industriegebiet Sangerhausen und der Fertigstellung der A 38 steige die Attraktivität der Region für Neuansiedlungen. Ohne die neue Autobahn war der Landstrich nur schwerlich zu erreichen.

»Das Mansfelder Land ist eine sehr gebeutelte Region in Deutschland, viele junge Menschen sind weggezogen, die Zukunftschancen sind eher düster«, meint Wirtschaftsforscher Ludwig. In dem Landstrich gebe es vor allem Altindustrie, wie die Aluminiumverarbeitung in Hettstedt. Für einen wirtschaftlichen Aufschwung werden jedoch Leuchttürme gebraucht. »Aber ich kenne keinen dort«, sagt Ludwig.

Zu den wichtigsten verbliebenen Arbeitgebern gehören die Mifa- Fahrradwerke, nach eigenen Angaben Europas größter Fahrradproduzent. Das Unternehmen mit rund 500 Beschäftigten hat den Sprung an die Frankfurter Börse gewagt, kämpft aber mit der Billigkonkurrenz aus Asien, wie der Vorstandsvorsitzende der Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke AG (Sangerhausen), Peter Wicht, sagt.

Luther und Rosen

Der Tourismus rund um Martin Luther – auch per Fahrrad – wird nach Ansicht des Wirtschaftsministers bedeutender im Mansfelder Land. Zum Pflichtprogramm gehören für Besucher schon jetzt das Geburts- und das Sterbehaus des Reformators in Eisleben. Beide zählen zum Unesco-Welterbe.

Doch für die meisten Gäste ist das Mansfelder Land am Südharz noch eher eine Durchgangsstation, etwa auf dem Weg zum nahen Kyffhäusergebirge in Thüringen. Die blühenden Landschaften, die Altkanzler Helmut Kohl (CDU) dem Osten versprachen, gibt es in Sangerhausen im wahrsten Sinne des Wortes aber schon seit vielen Jahrzehnten. Das Europa-Rosarium von Sangerhausen mit der weltweit größten Sammlung von 8000 Sorten der »Königin der Blumen« lockt jährlich mehr als 100 000 Besucher aus dem In- und Ausland an.

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