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Google macht Ernst mit »Street View«

Online-Dienst soll bis Jahresende in 20 deutschen Städten starten / Weiter Kritik von Datenschützern

  • Lesedauer: 3 Min.
Bis Ende des Jahres will Google seinen Dienst »Street View« starten und umfassende Straßenbilder von 20 deutschen Städten ins Internet stellen. Mieter und Hausbesitzer können vorher Widerspruch einlegen. Dennoch äußern Datenschützer Kritik.

Berlin (dpa/epd/ND). Trotz anhaltender Kritik will Google bis Ende des Jahres seinen Kartendienst »Street View« in Deutschland starten. Das Angebot mit der umfassenden Darstellung von Straßenzügen und Häusern im Internet wird zunächst für 20 Städte zwischen München und Hamburg eingeführt, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Im Osten ist dies in Berlin, Dresden und Leipzig geplant.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar kritisierte die Einführung als überstürzt. »Die Leute wissen gar nicht, was sie da erwartet«, sagte er. Daher sei es nicht sinnvoll, die Zeit für Widersprüche vor Einführung des Kartendienstes so knapp zu befristen. Auch gebe es keine klare Leitlinie für den Umgang mit den Daten von Widerspruchsführern. Der für Google zuständige Datenschutzbeauftragte kritisierte zudem, dass bislang keine telefonische Hotline von Google für Anfragen von Bürgern geplant sei.

Mieter und Hausbesitzer in den 20 Städten mit »Street-View«-An- gebot sollen ab nächster Woche die Möglichkeit bekommen, mit einem Online-Formular Widersprüche gegen die Darstellung ihres Gebäudes anzumelden. Das Bild des entsprechenden Hauses wird dann mit einer »Blurring«-Technik unkenntlich gemacht, so dass es nur noch schemenhaft zu sehen ist. Die Bearbeitung der Widersprüche werde einige Wochen in Anspruch nehmen, sagte Google-Sprecherin Lena Wagner. Danach werde das Angebot online gestellt. »Wir hoffen, dass dies im November der Fall sein wird.«

Mit einer Anzeigenkampagne will Google für das neue Angebot werben und dabei auch auf die Datenschutzbedenken eingehen. Den Nutzen von »Street View« sieht das Unternehmen in der »Möglichkeit, vor Ort zu sein, als wäre man dort«. Dies sei bei der Planung eines Umzugs ebenso interessant wie für touristische Zwecke.

Google startete »Street View« 2007 zuerst in den USA. Das erste europäische Land mit diesem in Google Maps integrierten Dienst war Frankreich. Deutschland wird nun weltweit das 24. Land, in dem dieses Angebot eingeführt wird. Schon früh haben die Pläne zu heftiger Kritik geführt. Einzelne Bürger wie kommunale Entscheidungsträger fürchten, das Angebot könnte von Einbrechern in Häuser missbraucht werden. Die Kritik wurde noch lauter, nachdem im Mai bekannt geworden war, dass bei den Kamerafahrten für »Street View« auch Daten aus offenen Funknetzen miterfasst und von Google gespeichert wurden. In Gesprächen mit Datenschützern hat Google versprochen, bei der Einführung von »Street View« 13 Punkte einzuhalten.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderten den Internetkonzern auf, alle Widersprüche zu berücksichtigen. Der Dienst dürfe erst freigeschaltet werden, wenn sämtliche Widersprüche der Bürger berücksichtigt worden seien, erklärte Aigner am Dienstag. Zudem müsse Google sein Versprechen halten, dass Widersprüche auch per Brief und Fax möglich seien. Schaar erklärte, es dürfe nicht dazu kommen, dass Google die persönlichen Identifikationsdaten, die bei dem Widerspruchsverfahren anfielen, auf Dauer zentral speichere oder gar zu anderen Zwecken verwende. Jan Korte (LINKE) kritisierte, das von dem Internetkonzern angekündigte Verfahren lasse daran zweifeln, dass dem Unternehmen die Privatsphäre der Bürger etwas bedeute.

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