»Landespolitiker sind verantwortlich«

NaturFreunde kritisieren mangelnden Hochwasserschutz seit Jahren

  • Lesedauer: 2 Min.
Michael Müller ist der Vorsitzende der NaturFreunde Deutschlands. Er leitete nach dem Hochwasser 2002 eine Arbeitsgruppe von Bundestag und Bundesrat zum vorbeugenden Hochwasserschutz. Die NaturFreunde kritisieren seit Jahren, dass damals nicht die richtigen Lehren gezogen wurden – so auch in einem Papier vom 9. August, das ND in Auszügen dokumentiert.

[...] Von einem »Jahrhunderthochwasser« sprach man im Jahr 2002 bei den schweren Überflutungen in Bayern, Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Hamburg. [...] Für die Beseitigung der Schäden stellte die damalige Bundesregierung über acht Milliarden Euro bereit, finanziert durch die Verschiebung der Steuerreform. Ein zusätzlicher Fünf-Punkte-Plan sollte künftigem Hochwasser besser vorbeugen. Ein wichtiges Element war hier das geplante neue Hochwasserschutzgesetz. Es basierte auf wissenschaftlichen Prognosen häufigerer und stärkerer Hochwasser. Denn tatsächlich müssen künftig in immer kürzeren Abständen vergleichbare Extremereignisse befürchtet werden, nicht zuletzt durch den weiter voranschreitenden Klimawandel.

Doch die Reaktionen der Bundesländer auf die Vorschläge des Bundes waren ernüchternd: Sie wurden abgeschwächt und – wo möglich – verhindert. Vor allem Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Rheinland-Pfalz wollten keinen besseren Hochwasserschutz. Brandenburg und Hamburg vermittelten, ohne aber die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Viele Umweltminister der Länder hatten trotz der großzügigen Hilfen des Bundes Angst vor den finanziellen und planerischen Folgen von Schutzmaßnahmen, die von einem 200-jährigen Hochwasser ausgehen sollten.

Als ich damals in der Arbeitsgruppe die wochenlangen Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat leitete, habe ich das kurzsichtige Verhalten der Landespolitiker hautnah erleiden müssen. Nur mit starken inhaltlichen Abstrichen wurde das neue Hochwasserschutzgesetz [2005] im Bundesrat beschlossen. Denn gegen alle Warnungen wollten viele Bundesländer nur eine Verbesserung im Status quo, einen echten vorbeugenden Hochwasserschutz aber nicht. Diese Landespolitiker sind verantwortlich dafür, dass nicht das getan wurde, was hätte getan werden können. [...] Zu den Bremsern gehörte der damalige Minister Stanislav Tillich. Heute ist er sächsischer Ministerpräsident und verspricht den vom Hochwasser betroffenen Menschen jede mögliche Hilfe der Staatsregierung.

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