Klimacamp mit Blick in die Kohlegrube

Die BUND-Jugend zeltet eine Woche am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler

  • Lutz Debus
  • Lesedauer: 3 Min.

Ende August soll Borschemich noch einmal zum Leben erwachen. Das nordrhein-westfälische Dorf, das in vier Jahren endgültig einem Tagebau weichen soll, wird Besuch bekommen von jungen Umweltaktivisten, die am Rand des größten Braunkohlereviers Europas westlich von Düsseldorf und Köln ein Klimacamp veranstalten. Die Jugendorganisation vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW wird ihre Zelte dort aufschlagen, wo »Klimawandel gemacht wird« – etwa zwei Kilometer von der Abbruchkante des Braunkohletagebaus Garzweiler entfernt. Von dort können die Teilnehmenden in eine 160 Meter tiefe Grube schauen.

Über 100 Teilnehmer haben sich angemeldet. Die BUND-Jugend geht aber davon aus, dass weit mehr junge Menschen im Laufe der kommenden Woche den Weg ins Rheinland finden werden. Organisatorin Andrea Schaupp freut sich besonders über das internationale Interesse an der Veranstaltung. Nicht nur aus den benachbarten Niederlanden, aus Großbritannien, Aserbaidschan und dem Kosovo, sondern auch aus afrikanischen Ländern wie Ägypten und Nigeria hätten sich Teilnehmer angekündigt. Bei manchen Gästen sei es allerdings schwierig, Einreisevisa von den deutschen Botschaften zu erhalten.

Das Klimacamp bietet zwischen dem 21. und 29. August dreierlei: Bildung, Kultur und direkte Aktion. Fragen zeitgemäßer Energiegewinnung, Mobilität und Ernährung stehen auf dem Programm. Die Referenten kommen von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace oder Germanwatch, politischen Netzwerken und Bündnissen wie der Klima-Allianz und Attac oder aus dem linksradikalen Klimaspektrum wie etwa Gegenstrom Berlin. Auch zwei Mitarbeiter des renommierten Wuppertalinstituts für Klima, Umwelt, Energie werden Vorträge halten.

Zum zweiten will das Klimacamp praktische Tipps für den politischen Alltag vermitteln. Wie sieht ein Infostand aus, der nicht übersehen wird? Wie kann Klimawandel durch Straßentheater dargestellt werden? Welche Formen zivilen Ungehorsams sind möglich? Zum dritten soll gegen klimaschädliche Politik vor Ort demonstriert werden. Eine Fahrraddemo führt in der Mitte der Woche 60 Kilometer um das gigantische Baggerloch bei Borschemich und zu einigen der fünf Großkraftwerke, die die abgebaute Braunkohle verfeuern und das Land NRW zum größten CO2-Emmitenten der Republik machen. Am Ende des Camps soll es in dem von seinen 300 Einwohnern fast verlassenen Dorf ein Straßenfest geben. Ohne Strom ist sogar ein Rockkonzert angekündigt.

Die im Mai abgewählte CDU-FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen hatte einen Zuschuss zum Camp wegen »Parteilichkeit« der Veranstaltung blockiert. Die neue rot-grüne Regierung gab die aus dem Topf des Familienministerium unterdessen aber frei.

Die BUND-Jugend ist Alleinveranstalter, spektrenübergreifende Klimacamps haben sich nach dem großen Camp in Hamburg vor zwei Jahren hierzulande nicht etabliert. Und so wird die Woche im Rheinland einige Nummern kleiner ausfallen als das Klimacamp 2008 mit rund 1000 Aktivisten. Damals wurde der Bauplatz eines Kohlekraftwerkes von Vattenfall besetzt. Beim Klimacamp 2010 sind nach Angaben der Veranstalter keine Aktionen zivilen Ungehorsams geplant.

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