»Das Geld sitzt nie locker«

Aues Vizepräsident Günther Großmann über Probleme und Aufgaben als Zweitligaaufsteiger

  • Lesedauer: 4 Min.
Nach zwei Jahren Drittklassigkeit ist Erzgebirge Auge zurück in der Zweiten Liga, wo der sächsische Fußballklub bereits von 2003 bis 2008 einmal spielte. Als SC Wismut Karl-Marx-Stadt gewann der Klub zwischen 1956 und 1959 drei DDR-Meisterschaften und gehörte unter dem Namen BSG Wismut Aue von 1963 bis 1990 der DDR-Oberliga an. Seit 1993 nennt er sich Erzgebirge Aue. Vor dem Ligastart sprach CHRISTIAN HEINIG mit dem 59-jährigen Geschäftsführer und Vizepräsident GÜNTHER GROßMANN (Foto: imago).

ND: Sie haben viele ablösefreie Spieler verpflichtet. Ein Zeichen, dass bei Aue jeder Cent dreimal umgedreht werden muss?
Großmann: Das Geld sitzt nie locker. Wir haben jetzt zwei harte Jahre hinter uns in der Dritten Liga. Das ist ein großer Unterschied, wenn man die Fernsehgelder in der Dritten Liga von 800 000 Euro sieht, und nun die 3,8 Millionen im Profigeschäft der Zweiten Liga.

Finden Sie den Fernsehgeldbetrag in der Dritten Liga gerechtfertigt, sie gilt ja immerhin auch als Profiliga?
Die Dritte Liga ist wahrlich keine Zuckerliga. Ich habe schon früher gefordert, man müsste die Fernsehgelder auf 1,5 Millionen aufstocken. Dann kann man auch eine ordentliche Mannschaft zusammenstellen.

Bekommen Sie nun in der Zweiten Liga genauso viel Fernsehgeld wie die anderen Vereine?
Nein, da gibt es Tabellen. Wir sind auf dem untersten Platz, weil wir ja nur die letzten drei Jahre angerechnet bekommen, von den wir zwei drittklassig waren.

Mit welchem Etat können Sie für die Profimannschaft arbeiten?
Wir haben 4,8 Millionen Euro nur für den Lizenzspielerbereich. Wir sind aber kein klassischer Fußballverein, es gibt noch 13 weitere Abteilungen, zum Beispiel die Ringer in der 2. Bundesliga. Sportlich sind wir sehr breit aufgestellt.

Muss Ihr Verein jetzt wie ein Wirtschaftsunternehmen denken?
Von der Größe und vom Umsatz her sind wir mit einem mittelständischen Unternehmen zu vergleichen. Deshalb sehen wir uns klar als Wirtschaftsunternehmen. Das Problem ist: Wir leben von Fernseh- und von Sponsorengeldern. Wir haben mit dem Schweizer Unternehmen »Spar mit! Reisen« einen neuen Trikot- und Hauptsponsor. Daneben gibt es noch drei weitere Premiumpartner sowie einen breiten Förderkreis mit über 200 Firmen – das sind zumeist kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region.

Gibt es seitens der Sponsoren auch Vorgaben bezüglich der sportlichen Zielsetzung?
Nein, die Zweite Liga ist für Aue mit seinen 18 000 Einwohnern ein hoher Anspruch, bedenkt man, dass viel größere Städte wie Dresden, Zwickau und Leipzig das nicht schaffen. Wir leben von der Region und die Mannschaft lebt für sie: für 320 000 Einwohner. Außerdem verpflichtet Tradition. Wismut Aue hat zu DDR-Zeiten immer in der Oberliga gespielt, und als Nachfolger haben wir diese Verpflichtung übernommen und bis jetzt auch gut realisiert.

Bei Ihnen steht eine ganze Region hinter dem Klub, bei anderen ist es ein einzelner Mäzen. Was sagt Ihnen mehr zu?
Fakt ist, dass auch die Möglichkeit bestünde, beides zu kombinieren. Das kann fruchtbringend sein. Es hängt davon ab, was der Mäzen kann. Das Beispiel Hoffenheim mit Dietmar Hopp bewundere ich, weil dort auch die gesamte Region mit eingebunden ist. Da profitiert nicht nur die Profimannschaft, sondern der gesamte Nachwuchsbereich.

Ist Aue auch gut genug aufgestellt, um die zweite Klasse halten zu können?
Es gibt eine Entwicklungskonzeption, nach der wir uns dauerhaft in der Zweiten Liga sehen. Wir waren ja schon einmal fünf Jahre drin. Es geht nur über 100-prozentigen Teamgeist. Einer muss für den anderen durchs Feuer gehen und dann schaffen wir auch den Klassenerhalt.

Erwarten Sie die wirtschaftlich stärksten Mannschaften am Ende ganz vorn?
Vielleicht nicht unbedingt. Es muss sich erst überall eine Mannschaft finden. Nach dem vierten Spieltag gibt es vielleicht schon Antworten. Natürlich zählt Hertha BSC Berlin zu den Favoriten, daneben werden Teams wie Bochum, Bielefeld sowie Duisburg und Augsburg sicher eine Rolle im Aufstiegskampf spielen.

Wen sehen Sie als Nummer eins im Osten?
Das ist Hertha BSC, sofern man sie zum Osten zählen kann. Dahinter steht Energie Cottbus.

Wird Aue den ein oder anderen von ihnen ärgern können?
Sicher, wir wollen jeden ärgern.


Zweite Fußball-Bundesliga

  • TV-Gelder: In der Zweiten Liga reicht die Marge an TV-Geldern, die die Vereine bekommen, von ca. 3,6 bis 7,2 Millionen Euro. Wem wieviel zusteht, hängt vom Abschneiden der vergangenen Spielzeiten ab. Zum Vergleich: In der Bundesliga liegt die Spanne zwischen 11,5 und 23 Millionen Euro.
  • Attraktivität: Die Zweite Liga ist ein Zuschauermagnet. Allein in der Vorsaison kamen 14 977 Besucher im Schnitt pro Spiel. Hinter England (17 948) europäischer Vizemeister.
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