1. FC Union stoppt FC Bayern: Von »Teilerfolg« zu »Teilerfolg«

Nachdem die Berliner die Siegesserie der Münchner beendet haben, kommen die wichtigen Spiele

  • Alexander Ludewig
  • Lesedauer: 4 Min.
Klein, aber oho: Andras Schäfer (l.) und Union klauten den Bayern mit Jonathan Tah (M.) und Josip Stanisic den ersten Punkt in dieser Saison.
Klein, aber oho: Andras Schäfer (l.) und Union klauten den Bayern mit Jonathan Tah (M.) und Josip Stanisic den ersten Punkt in dieser Saison.

In dem Bemühen, das Positive zu betonen, nutzt Steffen Baumgart immer wieder das Wort »Teilerfolg«. Die letzten beiden Bundesligaspiele ordnete der Trainer des 1. FC Union Berlin in diese Kategorie ein: zwei Unentschieden, zwei Punkte. Wie unterschiedlich dabei die Leistungen sein können, zeigten beide Heimspiele auch. Dem torlosen Remis gegen Freiburg in der Vorwoche folgte am Sonnabend das 2:2 gegen den FC Bayern München.

Paris, London, Köpenick

Um zu beschreiben, was die Berliner gegen den Rekordmeister geboten haben, kann man zum Tabellenzweiten nach Leipzig, zum Ligadritten Dortmund oder zum Vizemeister und aktuellen Vierten Leverkusen schauen. Oder zum Champions-League-Sieger Paris St. Germain. Oder zum Klubweltmeister Chelsea London. Sie allesamt hatten nicht geschafft, was den Fußballern aus Köpenick nun gelang: den Münchnern wenigstens einen Punkt abzunehmen. Und so fand nach 16 Siegen in Serie der europäische Startrekord der Bayern in der Alten Försterei sein Ende.

Die Worte der Münchner verdeutlichen das Erstaunliche noch besser. »Wir sind nicht in unser Spiel gekommen«, erklärte Torwart Manuel Neuer Unions herausragende Leistung mit dem Blick auf die seines eigenen Teams. Kann man so machen, schließlich scheint Bayern München gerade nicht nur deutschlandweit, sondern auch international der Maßstab zu sein. Als Sportdirektor des FC Bayern analysierte Christoph Freund die 90 intensiven Minuten so: »Aufgrund des Spielverlaufs ist es ein gewonnener Punkt für uns.«

Unbesiegter Gegner

Um diesen einen Punkt und zumindest den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu retten, brauchten die Bayern in Berlin 93 Minuten und einen der weltbesten Stürmer: Harry Kane, der zuvor kaum zu sehen war, köpfte den Ball zum 2:2 ins Netz. »Weltklasse« bescheinigte Baumgart an diesem Nachmittag Luiz Diaz, dessen Einzelaktion in der 38. Minuten zum ersten Münchner Ausgleich geführt hatte.

Die umjubelten Treffer für die Berliner hatte Innenverteidiger Danilho Doekhi nach einer Ecke in der 27. beziehungsweise nach einem Freistoß in der 83. Minute erzielt. Der Mann aus der hintersten Kette ist mit vier Toren nun Unions erster Torjäger. Das zeigt wieder einmal, dass mit großer Qualität bei Standardsituationen sowie leidenschaftlicher Abwehrarbeit einiges möglich ist.

Gegen den FC Bayern kommt dann laut Abwehrspieler Tom Rothe immer noch eine »Extra-Motivation« dazu. Und so ließen die Münchner am Sonnabend den Ball nicht nur in den eigenen Reihen laufen, weil sie es so wunderbar können: Sie waren dazu lange Zeit des Spiels gezwungen, weil Unions sehr gut organisierte Defensive in dicht gestaffelten Reihen kaum Räume für torgefährliche Aktionen freigab.

Mahnung im Erfolg

Doppeltorschütze Doekhi genoss den Erfolg, das war dem 27-jährigen Niederländer nach dem Spiel anzusehen. Gleichzeitig sprach er indirekt eine Mahnung aus: »Wenn wir gegen die Bayern solch eine Leistung zeigen können, dann muss das gegen jeden Gegner möglich sein.« War es aber nicht immer. Selbst bei Heimspielen nicht, in denen die Berliner neun ihrer insgesamt zwölf Zähler erspielt haben. Warum, das hatte Baumgart zuletzt nach dem torlosen Remis gegen Freiburg selbst erklärt: »Wir haben es nicht geschafft, in die Tiefe zu kommen.« Ähnlich einfallslos hatte sein Team zuvor schon im DFB-Pokal gegen Arminia Bielefeld agiert. Auch gegen den Zweitligisten konnten sich Baumgarts Fußballer kaum gefährliche Torchancen erspielen.

Nun gehen die Berliner aber erst mal mit drei Erfolgserlebnissen in die zweiwöchige Länderspielpause: Achtelfinale im Pokal erreicht und zwei »Teilerfolge« in der Bundesliga gegen Freiburg und die Bayern. Danach wäre es mal wieder Zeit für einen vollen Erfolg: Denn Siege gegen Konkurrenten im Abstiegskampf wie den Viertletzten FC St. Pauli und das Tabellenschlusslicht 1. FC Heidenheim wären goldwert. Ein Wiedersehen mit den Münchnern gibt es in der Alten Försterei schon Anfang Dezember im DFB-Pokal. Letztlich versuchten auch die Bayern Positives aus Berlin mitzunehmen. »Wir haben mit dem Punkt den Abstand auf die Gegner gehalten und ausgebaut«, sagte Manuel Neuer mit Blick auf die Ergebnisse der Verfolger aus Dortmund und Leipzig.

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