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Subventionierte Geschäftsflieger

Augsburg muss für seinen City Airport tief in den Stadtsäckel greifen

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 5 Min.
Eine ausgebaute Infrastruktur gilt als eine der Bedingungen für wirtschaftliches Wachstum. Und so hat zum Beispiel das Städtchen Marion im US-Bundesstaat Alabama mit Augsburg gemeinsam, dass beide Kommunen glauben, die Anbindung an einen Flugplatz könne die wirtschaftliche Entwicklung fördern. Doch was Marion mit seinen 3511 Einwohnern noch vor sich hat – eine Anbindung an den Luftverkehr durch die Umwandlung eines nahen Militärflughafens zu ziviler Nutzung – hat die Schwabenmetropole längst hinter sich.

Freilich, ob der Augsburger Flughafen zum weiteren Wachstum der regionalen Wirtschaft beitragen wird, ist ungewiss. Sicher hingegen ist, dass er momentan zum Wachstum der städtischen Ausgaben beiträgt. Vor fünf Jahren als »City Airport« hoffnungsvoll auf den Geschäftsflugverkehr ausgerichtet, droht dem kleinen Flughafen mit 53 000 Starts und Landungen pro Jahr nun ohne weitere Finanzspritzen der Stadt quasi die Pleite: Der sieben Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums gelegene Airport ist mit 19 Millionen Euro verschuldet. Lokale Medienberichte sprechen gar von einer »dramatischen« Finanzsituation.

Erhoffte Einnahmen bleiben aus

Der größte Teil dieser Schuldenlast stammt mit zwölf Millionen aus den Modernisierungsmaßnahmen 2005, als der Flughafen zum City Airport umgebaut wurde: Zwei neue Hangars wurden errichtet, die Rollbahn durch Rillen für Landungen bei Regen sicherer gemacht. Der Rest der Schulden sind Bürgschaften der Stadt. Heute sind dafür jährlich gut eine Million Euro an Zinsen und Tilgung fällig. Hinzu kommt ein Betriebsdefizit von rund 300 000 Euro pro Jahr. So muss die Stadt der Augsburger Flughafen Gesellschaft (AFG) im Haushaltsjahr 2011 einen Zuschuss von 1,4 Millionen Euro geben, 2012 sind 1,3 Millionen vorgesehen. Die Stadt Augsburg ist Alleingesellschafter des Flughafens. Ohne diese Sicherheiten gibt es für den Flughafen keine Kredite mehr. So geht es aktuell um ein Darlehen in Höhe von 410 000 Euro, das die Stadtsparkasse dem Flughafen für notwendige Investitionen einräumen soll.

Für Flughafen-Geschäftsführer Peter Bayer stellt sich die finanzielle Situation freilich undramatisch dar: »Die AFG verfügt über keine Grundstücke und somit über keine Sicherheiten«. Deshalb seien eben alle zwei Jahre entsprechende Zuschüsse und Garantien der Stadt notwendig. Grund und Boden des Flughafengeländes sind als Eigenkapital von 16,6 Millionen Euro in die Augsburger Flughafen Investitions GmbH (AFI) eingebracht. Eine Verschmelzung der beiden Gesellschaften, die das Problem der Kreditwürdigkeit der AFG lösen würde, scheiterte bislang aber an der dann fälligen Grunderwerbssteuer. Inzwischen ist diese Option durch eine Gesetzesänderung wieder im Bereich des Möglichen, die Stadtverwaltung soll prüfen. Ebenfalls nicht dramatisch sei das Betriebsdefizit – im Gegenteil, so Bayer. Die meisten Regionalflughäfen in Deutschland müssten mit Zuschüssen über Wasser gehalten werden. Denn von den Start- und Landegebühren allein könne kein Flughafen leben, entscheidend seien vielmehr die Einnahmen aus der Verpachtung und Vermietung von Grundstücken und Flächen, auf denen sich Firmen ansiedeln.

Diese Flächen stehen im Süden des Flughafens bereit, 92 000 Quadratmeter sollen »luftfahrtaffines« Gewerbe anlocken. Die voll erschlossenen Bauplätze haben einen direkten Anschluss an die Start- und Landebahn, Hersteller und luftfahrttechnische Betriebe sind die Zielgruppe. Die Hälfte der Einnahmen könnten für die Tilgung der Altschulden der AFG hergenommen werden, so der Vorschlag des Augsburger Stadtkämmerers Hermann Weber (CSU). Doch die Wirtschaftskrise hat diesem Vorhaben bisher einen Riegel vorgeschoben. Die erhofften Einnahmen von vier Millionen blieben bloße Wunschvorstellung, bisher wurde kein Quadratmeter verkauft.

Die Grünen im Augsburger Stadtrat forderten angesichts der steten Zuschüsse der Stadt schon mal den Ausstieg aus dem schwäbischen Airport. »Seit Jahren verspricht man uns schwarze Zahlen«, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Reiner Erben. Stattdessen würden die Verlustausgleiche immer höher. »Wir brauchen ein Ausstiegsszenario«, meint Erben. Dies weist der Stadtkämmer zurück. »Jetzt den Flughafen zu schließen wäre der falsche Zeitpunkt«, so Weber. »Es besteht die Chance, in fünf bis sechs Jahren schwarze Zahlen zu schreiben.« Der Hebel dafür ist die Ansiedlung von Firmen am Flughafengelände. Auch Flughafengeschäftsführer Bayer sieht nach dem Einbruch durch die Wirtschaftskrise wieder einen »Aufwärtstrend«.

Zu klein für Billig-Fluglinien

Der Augsburger Flughafen ist seit 1968 in Betrieb. Für Auslastung sorgte lange die »Augsburg Airways«, die 1980 als Firmenflugdienst des Haindl-Konzerns unter dem Namen Interot Airways gegründet wurde, um firmeninterne Flugverbindungen von Augsburg nach Düsseldorf und zurück anbieten zu können. Die in Augsburg alteingesessene Firma Haindl war bis zum Verkauf an ein finnisches Unternehmen einer der größten deutschen Papierhersteller. In den 1990er Jahren erweiterte sich der Flugplan um die Ziele Berlin-Tempelhof, Köln und Hamburg. 1992 kamen zusätzlich Dresden und Leipzig hinzu und 1994 dann eine erste ausländische Linienverbindung nach Florenz. Im Jahr 2000 erfolgten rund 77 000 Starts und Landungen auf dem Augsburger Flughafen.

Ruhiger wurde es ab 2002, als Augsburg Airways der Lufthansa angegliedert und der Flughafen München als neue Heimatbasis firmierte. 2004 verließen die letzten Flugzeuge der Fluglinie Augsburg, ein Jahr später »brach über den Flughafen ein wirtschaftliches Desaster herein«, wie es in der offiziellen Chronik heißt. Heute dient der Flughafen vor allem dem Geschäftsverkehr. Von hier starten Werks- und Charterflüge, Unternehmen aus der Region haben ihre Geschäftsflugzeuge angestellt. Zum Beispiel der zweistrahlige Jet der Firma Eurocopter, der jeden Tag im Werksverkehr nach Marseille fliegt. Das Luftfahrtunternehmen hat in Donauwörth ein großes Werk. Für Verkehr sorgen zudem sechs ansässige Flugschulen und der Wartungsbetrieb von Beechair. Immerhin sollen in einem Umkreis von 2000 Kilometern Flugzeuge zur Überholung nach Augsburg geflogen werden. Eine Rückkehr zu Urlaubscharterflügen wird es aber wohl nicht mehr geben. Zählte man 2002 noch 247 000 Passagiere, darunter 217 000 im Linien- und 19 000 im Werksverkehr, sind seitdem die Personentransportzahlen rückläufig, im Krisenjahr 2008 waren es 79 000.

Zeitweilig war auch eine Verlagerung des Flugplatzes auf den bestehenden Militärflughafen Lagerlechfeld südlich von Augsburg in Erwägung gezogen worden. Diese Pläne scheiterten aber an den hohen Gebühren, die das Bundesverteidigungsministerium für die zivile Nutzung der Bundeswehr-Einrichtungen verlangt hatte. 2005 waren diese Pläne vom Tisch.

Der Augsburger Flughafen nimmt so unter den süddeutschen Flughäfen einen bescheidenen Platz ein, nicht zuletzt wegen der kurzen Landebahn (1300 Meter), die Starts und Landungen von Flugzeugen mit der Größe einer Boeing 737 nicht erlauben. Zum Vergleich: Der ebenfalls schwäbische Flugplatz Memmingen, von dem diverse Billig-Fluglinien wie Ryan Air starten, zählte 2008 rund 450 000 Passagiere. Von hier aus können Flieger mit 100 Sitzen starten, von Augsburg nur solche mit 30 Sitzen – zu unrentabel für Fluggesellschaften. Und in einer ganz anderen Klasse spielen natürlich die großen Flughäfen in Nürnberg mit 4,3 Millionen Passagieren und München mit 34,5 Millionen.

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