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NATO setzt sinnloses Töten fort

Zahl der Pakt-Soldaten am Hindukusch erreicht mit 150 000 Höchststand

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie waren auf dem Weg zu einer Veranstaltung vor der Wahl am 18. September, als sie ins NATO-Visier gerieten: Zehn Mitarbeiter des Parlamentskandidaten Abdul Wahid Khurasani sind jetzt bei einem Luftangriff in der nordafghanischen Provinz Tachar ums Leben gekommen, teilte die Provinzregierung am Donnerstag mit. Im Osten und Süden des Landes starben fast zeitgleich erneut US-amerikanische Soldaten durch Taliban-Kämpfer. Damit wurden seit Jahresbeginn 326 von ihnen getötet, schon jetzt mehr als im ganzen bisher verlustreichsten Jahr 2009.

Die Zahl der Angriffe Aufständischer auf die internationalen Truppen am Hindukusch hat sich in den letzten Wochen deutlich erhöht. Die radikal-islamischen Milizen haben sich nach Einschätzung der NATO-geführten »Afghanistan-Schutztruppe« ISAF neu formiert und ihren Aktionsbereich ausgeweitet, vor allem auch in den Landesnorden.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat das Vorgehen der ausländischen Streitkräfte scharf kritisiert. Die Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 hätten gezeigt, dass der Krieg gegen den Terrorismus in den Dörfern Afghanistans wenig effizient sei und bislang vor allem zivile Opfer gefordert habe. Rund 60 000 Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder, mussten seit Kriegsbeginn ihr Leben lassen, dazu kommen über 2000 Soldaten der Interventionsarmeen. Ein militärischer Sieg aber ist nicht absehbar. Trotzdem hat Präsident Barack Obama die USA gerade noch einmal auf einen »harten Kampf« eingeschworen. »Es wird noch eine schwierige Zeit werden.« Für die Bevölkerung am Hindukusch herrscht sie schon lange. Die Armut ist groß, über ein Drittel der Menschen ist von Hunger bedroht, die Lebenserwartung auf 43 Jahre gesunken.

Während die Kampftruppen aus Irak offiziell abgezogen sind, will Washington die am Hindukusch weiter aufstocken. Über 120 000 Soldaten sind zur Zeit in Afghanistan stationiert, zwei Drittel davon aus den USA. In den kommenden Tagen werde ihre Zahl mit 150 000 Soldaten einen Höchststand erreichen, kündigte US-General David Petraeus an. Damit gehe der Kampf gegen die Taliban in seine »letzte Phase«. Wie der ISAF-Kommandeur in einem Interview mit dem NATO-eigenen Internet-Fernsehen sagte, müsse man sich darüber im Klaren sein, »dass wir gerade erst jenen Feldzug beginnen, von dem manche meinen, dass wir ihn schon früher hätten führen sollen«. Eigentlich hatte Präsident Obama den Truppenabzug auf Juli 2011 festgelegt. Doch machte Petraeus jetzt erneut deutlich, dass zu diesem Termin »ein Prozess beginnt, dessen Tempo durch die Verhältnisse an Ort und Stelle bestimmt wird«. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erwartet die Übernahme der militärischen Verantwortung in Afghanistan durch die dortige Regierung erst ab Ende 2014. Dabei wächst die Antikriegsstimmung in den Pakt-Staaten unübersehbar. In Deutschland etwa sind über zwei Drittel der Bevölkerung laut Umfragen gegen den Krieg. Für die Friedensbewegung ist klar: Die NATO ist am Hindukusch längst zum größten Unsicherheitsfaktor geworden. Und wer das Ende des Sterbens in Afghanistan will, muss zuerst diesen Krieg beenden.

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