Kachelmann schweigt vor Gericht
Verteidiger drängt auf schnelle Aussage des mutmaßlichen Opfers
Im Vergewaltigungsprozess gegen Fernsehmoderator Jörg Kachelmann hat die Verteidigung scharfe Kritik an der Verhandlungsführung des Gerichts geübt. Kachelmanns Anwalt Reinhard Birkenstock kritisierte vor allem den Plan, vor dem mutmaßlichen Opfer zunächst ehemalige Freundinnen des Angeklagten zu vernehmen. Kachelmann selbst will im Prozess vorerst schweigen.
Der 52-Jährige wird beschuldigt, seine ehemalige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Der Schweizer hatte die Vorwürfe stets bestritten. Am zweiten Verhandlungstag am Montag vor dem Mannheimer Landgericht wollte er sich aber nicht zur Anklage äußern; sein Verteidiger verwies auf frühere Aussagen Kachelmanns gegenüber dem Haftrichter. Ob diese öffentlich verlesen werden, war zunächst noch unklar.
»Wir sind in einer Situation, in der alles danach schreit, dass jetzt Frau D. gehört wird«, sagte Birkenstock. »Ich kenne keine Verhandlung, in der nicht nach der angeklagten Person zuallernächst derjenige gehört wird, der behauptet, verletzt worden zu sein.«
Nach bisheriger Planung soll die 37-Jährige erst am 13. Oktober als Zeugin gehört werden. Bei der Verlesung der Anklage saß sie Kachelmann gegenüber, danach verließ sie die Verhandlung. Normalerweise dürfen Zeugen bis zu ihrer Vernehmung überhaupt nicht an der Verhandlung teilnehmen, damit sie nicht in ihrer Aussage beeinflusst werden. Als Nebenklägerin hat das mutmaßliche Opfer jedoch ein Recht auf Anwesenheit.
Birkenstock forderte außerdem, Oberstaatsanwalt Oskar Gattner und Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge als Zeugen zu vernehmen. Sie hätten dem mutmaßlichen Opfer versprochen, dass Jörg Kachelmann in Untersuchungshaft bleibe, auch nachdem die Frau ihre Aussage in einigen Punkten korrigiert hatte. Dieser Vorgang sei nicht in die Akten aufgenommen worden.
Zu Verhandlungsbeginn am Montag hatte Oltrogge die Anklage verlesen und Kachelmann vorgeworfen, seine langjährige Geliebte bedroht und vergewaltigt zu haben. Er habe sie ins Schlafzimmer gedrängt und gesagt: »Halt die Klappe, oder du bist tot!« Während der Vergewaltigung habe Kachelmann der Frau ein Messer an die Kehle gedrückt und ihr zeitweise Mund und Nase zugehalten.
Kachelmanns Verteidiger kritisierte die geplante Vernehmung zahlreicher ehemaliger Geliebter des Wettermanns. So solle noch vor der Befragung des mutmaßlichen Opfers ein schlechtes Bild seines Mandanten gezeichnet werden. Zur Aufklärung des Tatvorwurfs könnten die Ex-Freundinnen nichts beitragen. Er kritisierte auch, dass einige der Frauen sich bereits in den Medien geäußert hatten: »Eine Zeugin, die ihre Aussage schon an die ›Bunte‹ verkauft hat, ist für die Wahrheitsfindung nicht mehr zu gebrauchen«, sagte Birkenstock. In der umfangreichen Begründung seines Antrags stellte er auch die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers infrage. »Frau D. ist eine Frau mit gewaltiger manipulativer Potenz.« dpa
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