Guantanamo-Premiere

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 1 Min.

Es war eine Premiere nach fast einem Jahrzehnt Guantanamo: Erstmals wurde in einem Zivilprozess über einen Insassen des berüchtigten Gefangenenlagers aus Bushs »Krieg gegen den Terror« geurteilt. Die Geschworenen eines New Yorker Bundesgerichts sprachen Ahmed Khalfan Ghailani lediglich in einem von 286 Anklagepunkten schuldig. Dem 36-Jährigen drohen als mutmaßlichem Drahtzieher der Anschläge auf die USA-Botschaften in Tansania und Kenia im Jahr 1998 zwischen 20 Jahren Gefängnis und lebenslanger Haft. Das Verfahren galt auch als Testfall für die Politik von Präsident Obama, der Guantanamo schon Anfang des Jahres schließen wollte. Die verbliebenen Häftlinge sollten vor US-amerikanischen Zivilgerichten abgeurteilt werden. Bislang wurden sie mit stark eingeschränkten Rechten vor Militärtribunale gestellt.

Doch während Menschenrechtler den Prozess als »effizient, fair und transparent« bezeichneten und das Urteil begrüßten, sieht man im Weißen Haus absurderweise mit Sorge, dass der Angeklagte von fast allen Vorwürfen freigesprochen wurde. Denn das hatte umgehend scharfe Kritik von Seiten der erstarkten republikanischen Opposition zur Folge, und der angeschlagene Präsident befürchtet wohl weitere Popularitätsverluste. Dabei zeigt dieses Premierenverfahren exemplarisch, dass es keinen vernünftigen Grund mehr gibt, das Gefangenenlager in Guantanamo samt seinen Sondergerichten weiter zu betreiben.

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