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Good old Joe

Cocker in Berlin

  • Jan Korte
  • Lesedauer: 3 Min.

Um die neue Scheibe »Hard Knocks« und die dazugehörige Tournee wird ein großer PR-Aufwand betrieben. Zumindest mit Blick auf die neue Platte von Joe Cocker ist das eher unnötig: Die Platte ist bis zum Siechtum überproduziert, glattgebügelt und verschnöselt. Es gibt ein gutes Lied: »I hope« von den Dixie Chicks – Cocker singt das gospelartige Stück so, wie er es gut kann: kraftvoll, mit unverkennbarer Stimme und ganz eigener Interpretation. Er sollte sich einen neuen Manager suchen und es wie Eric Clapton halten: Back to the roots. Nur noch Blues! So viel zu den schlechten Nachrichten um Joe Cocker.

Die gute Nachricht: Live gehört Joe Cocker nach wie vor zu den besten Musikern in seinem Metier. Am Samstag war die Berliner O2-Halle fast ausverkauft: Die Alterskohorte der Fünfzig- bis Sechzigjährigen, mit vereinzelten Söhnen und Töchtern, ist zwar unpolitisch und unkämpferisch geworden, aber sie hat einen wirklichen Pluspunkt: den Musikgeschmack. Und so trabte gegen 21 Uhr Joe Cocker auf die spartanisch gehaltene Bühne. Es gab keinen Videoschnickschnack, keine aufwändige Lightshow. Schon dieses Understatement signalisierte: Hier geht es nur um die Musik. Los ging's mit dem Stück »Get on« von der neuen Platte – weswegen dieses Stück auch live nicht überzeugen konnte. Aber nach einem engagierten »Berlin – Guten Abend« folgte mit dem von Dave Mason geschriebenen »Feelin Alright« ein Stück aus den Anfangszeiten von Cockers unglaublicher Karriere. Selbige führte ihn zu Drogenexzessen, wirtschaftlichem Bankrott, Alkoholismus, aber eben auch zu legendären Auftritten wie 1969 in Woodstock, einer Reihe hervorragender Platten und mittlerweile 20-jähriger solider Tourneearbeit. Und Cocker ist eben ein »Typ«: Seine geradezu spastischen Bewegungen, seine geschundene, tiefe und kraftvolle Stimme und die Fähigkeit, Songs seine eigene Marke aufzusetzen, ließen ihn zu einem der Großen im Rockbusiness werden.

Das bewies er dann mit seiner auf das Publikum abgestimmten Songauswahl, die keinen Wunsch offen ließ, dabei aber nicht allzu anachronistisch wirkte. »The Letter«, »When the night comes« oder »Summer in the city« rissen dann auch das anfangs etwas träge Publikum mit. Wie bei allen Joe-Cocker-Konzerten fieberte aber alles auf das große Finale. Das begann mit »You can leave your hat on« und gipfelte in der genialen Interpretation des Beatles-Stückes »With a little help from my friends«, inklusive des seit Woodstock weltweit bekannten Schreis aus dem Innersten von Cockers Seele. Das ist übrigens das Geheimnis von Joe Cocker: Jeder Song wird mit solch einer Inbrunst und Leidenschaft gesungen, geschrien, gestöhnt, dass man befürchtet, Cocker fällt einfach um.

Aktuelles Album: Joe Cocker: Hard Knocks. Sony Music 2010.

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