Kein Thema: Berufstätig trotz Aids

Von 1000 Beschäftigten ist einer HIV-positiv

  • Markus Bernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Anlässlich des heutigen Welt-Aids-Tages finden in der gesamten Bundesrepublik Solidaritätsveranstaltungen für HIV-Infizierte und Mahnwachen für Menschen, die an Aids gestorben sind, statt. Ein Thema, welches nur selten öffentliche Aufmerksamkeit erfährt, ist die Arbeitssituation von HIV-Positiven. Mehr als zwei Drittel der Menschen mit HIV in Deutschland gehen einer Erwerbsarbeit nach, was wiederum bedeutet, dass in etwa einer von 1000 Beschäftigten HIV-positiv ist.

Die Auswirkungen der Immunschwächekrankheit haben sich im Laufe der vergangenen Jahre deutlich verändert. Starben mit dem HI-Virus Infizierte Anfang der neunziger Jahre noch schnell an den Folgen von Aids, hat sich die Krankheit dank medizinischer Fortschritte mehr und mehr zu einer chronischen entwickelt. Zwar leiden viele HIV-Positive an den Nebenwirkungen der antiretroviralen Therapie, eine weitgehende Berufsunfähigkeit liegt jedoch keineswegs vor.

Obwohl es grundsätzlich keine Einschränkungen hinsichtlich der Berufswahl für Infizierte gibt, stellt sich je nach Berufsfeld die Frage, ob für Dritte ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Grundsätzlich können HIV-Positive, die im Gesundheitsbereich tätig sind, ihren Beruf weiter ausüben, ohne dass es zu einer besonderen Gefährdung von Patienten kommt. Nur bestimmte Tätigkeiten im chirurgischen Bereich sind ausgeschlossen. Nach aktuell geltendem Recht dürfen Menschen mit HIV auch nicht Piloten werden.

Die maßgeblichen Probleme für HIV-Infizierte und an Aids Erkrankte ergeben sich eben nicht aus juristischen Diskriminierungen. Vielmehr leiden die Betroffenen unter der noch immer weit verbreiteten Stigmatisierung, sollten sie offen mit ihrer Krankheit umgehen. Ist dies nicht der Fall, ist der Arbeitsalltag nicht selten geprägt von der Angst vor Enttarnung und der folgenden Diskriminierung und Ausgrenzung. Da sich überdurchschnittlich viele junge Menschen mit dem Virus anstecken, bringt eine Infektion zudem oftmals finanzielle Schwierigkeiten mit sich. Junge Menschen haben wenig in die Sozialkassen eingezahlt und privat kaum vorsorgen können, womit die Gefahr droht, bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht mehr über die Runden zu kommen.

Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH), die das Thema HIV und Arbeit in diesem Jahr zu einem ihrer Arbeitsschwerpunkte gemacht hat, fordert unter anderem, die Firmenkultur und Unternehmensleitbilder zu nutzen, um »einen positiven Einfluss auf die Situation von Menschen mit HIV/Aids am Arbeitsplatz« zu nehmen. Zudem weist die DAH darauf hin, dass es in Bezug auf den Umgang mit der HIV-Infektion am Arbeitsplatz keine Patentlösung gebe, da Menschen mit dem Virus unterschiedliche Strategien entwickeln würden, um mit ihrer Situation zurecht zu kommen. Klar sei jedoch, so die Experten, dass sich von der Immunschwäche Betroffene vor allem einen selbstverständlichen Umgang mit HIV und mit ihnen selbst wünschen würden. Dafür müsse jedoch noch einiges an Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft aber auch bei Unternehmern und Gewerkschaften geleistet werden.

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