Raus mit der Genrübe

US-Bundesgericht ordnet erstmals Vernichtung von gentechnisch veränderten Setzlingen an

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Erstmals hat ein US-Bundesrichter angeordnet, genetisch veränderte Saaten wieder auszureissen. Die Begründung von Richter Jeffrey White in San Francisco: Diese Saaten könnten der Umwelt schaden.

Mit seiner Entscheidung von Ende November verschärft Richter Jeffrey White einen Streit mit dem US-Landwirtschaftsministerium und mit dem Agrarriesen Monsanto aus St. Louis, Missouri. Denn White hatte schon im August Monsanto angewiesen, den Anbau der Zuckerrübensorte »Roundup Ready« im ganzen Land aufzuschieben. Doch Monsanto scherte das nicht. Der Konzern stützt sich auf eine Zulassung des Landwirtschaftsministeriums. Das Gericht forderte von der Regierung eine Umweltverträglichkeitsprüfung, doch auch die blieb bisher aus.

Regierung gab »Grünes Licht«

Das Verfahren war von Vertretern von Biobauern angestrengt worden. Die zeigen sich empört über die Weigerung der Regierung, die »stattdessen der Industrie grünes Licht gibt«, sagt Paul Atchitoff, Anwalt von Earthjustice, der Organisation, die das Verfahren eingeleitet hatte.

Atchitoffs Argumente überzeugten jedenfalls den Richter. »Der wahrscheinliche Umweltschaden ist nicht zu reparieren«, schrieb White in seiner Anordnung, die Pflanzen wieder auszureißen. Genetisch modifizierte Pflanzen könnten ungewünschte Folgen für andere Pflanzen und das ganze Ökosystem haben.

Sowohl die Regierung als auch Monsanto dürften Berufung einlegen. »Das Gericht hat die klare Beweislage ignoriert, dass diese Pflanzen der Umwelt keinen Schaden zufügen. Das Urteil widerspricht zudem den geltenden Gesetzen«, sagte David Snively, Jurist von Monsanto.

Auch US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack kritisierte, es sei nicht fair, wenn ein einzelner Richter entscheiden dürfe, was Bauern anbauen dürften, und so die biotechnische Forschung bremse.

Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums könnte eine Umweltverträglichkeitsprüfung bis Mitte 2012 dauern. Damit würden sowohl die bereits gepflanzten als auch die noch ungepflanzten Setzlinge in einem juristischen Niemandsland stecken. Derzeit werden auf 400 000 Hektar genetisch veränderte Zuckerrüben angebaut, vor allem in den Bundesstaaten Idaho, Minnesota und North Dakota. Sie sichern die Hälfte der US-Zuckerversorgung.

Die Setzlinge, die nun zerstört werden müssten, würden im nächsten Jahr Samen ergeben, aus denen dann die Rüben für die Ernte 2012 wüchsen. Die fraglichen Setzlinge wurden genetisch so modifiziert, dass sie Roundup widerstehen, einem Unkrautvernichtungsmittel Monsantos.

Die US-Regierung hat in den vergangenen Jahren den Anbau genetisch veränderter Pflanzen gefördert. Erst lockerte der damalige Präsident George W. Bush die Regeln für den Anbau. Monsanto vermochte den Löwenanteil des neuen Marktes zu erringen. Im Juni erteilte das Oberste Gericht dem Landwirtschaftsministerium das Recht, Unternehmen die Genehmigung für den Anbau genetisch veränderter Pflanzen zu erteilen.

Auswirkungen auf Zuckerpreis

Nun sind die Bauern verunsichert. »Es ist ziemlich schwierig zu planen«, sagt Ric Rodriguez, Rübenbauer in Wyoming. »Alle sind nervös.«

Die unklare Situation könnte sich womöglich auf den Rübenpreis auswirken, mit Folgen für alle Wirtschaftszweige, die auf Zucker als Rohstoff angewiesen sind. »Die Entscheidung könnte einen extrem wichtigen Einfluss auf den Markt haben«, sagt Frank Jenkins, Chef der Handelsgruppe Jenkins Sugar Group. »Das Landwirtschaftsministerium müsste rechtzeitig Importe zulassen. Sonst sehen wir Preise, die so hoch sein werden wie nie zuvor.«

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