Roquefort zum Frühstück

»Der Auftragslover« von Pascal Chaumeil

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.

Was ist dieser Alex doch für ein Mann! Er heilt Kinder in der Wüste, kocht Sushi im Restaurant, balanciert fensterputzend an Hochhausfassaden und gibt sogar einen recht passablen Gospelsänger ab. Das Multitasking dient Alex (Romain Duris) als Mittel zum Zweck, denn er ist der »Auftragslover«. Das bedeutet, dass er auf Frauen angesetzt wird, um deren Beziehung zu torpedieren. Seine Auftraggeber sind Geschwister, Freunde oder Eltern, denen der Mann dieser Frauen nicht passt. Also kommt Alex in multiplen Funktionen ins Spiel und bezirzt die Damen so lange, bis sie ihrem Typen den Laufpass geben.

Bei seinen Abwerbungen greift der Vollprofi auf ein umfassendes Trick-Repertoire zurück. Gedichte und gefühlvolle Sprüche lassen Frauenherzen garantiert schmelzen. Hält Alex schließlich die Augen gegen den Wind, damit ihm die Tränen besser fließen, ist der Zeitpunkt gekommen, wo er der ergriffenen Dame eine glanzvolle romantische Zukunft prophezeit – nur nicht mit ihm.

Mit einer furiosen Montage von Alex in diversesten Situationen und Kostümierungen beginnt Pascal Chaumeils Komödie »Der Auftragslover«. Dessen liebenswürdig-dreiste Art führt ihn stets zum Ziel. Doch Alex und sein Team – seine Schwester und deren Ehemann, die für Recherche und Ressourcen verantwortlich sind – sind wegen des hohen Aufwands pleite. Ein lukrativer Auftrag muss her und die Legitimation dafür, dass diese charmante Komödie ihrem Namen Ehre macht.

In nur zehn Tagen soll Alex auf Geheiß eines Blumengroßhändlers die Hochzeit von dessen Tochter Juliette (Vanessa Paradis) mit einem englischen Milliardär platzen lassen. Der Erzeuger fürchtet, dass Juliette sich an der Seite dieses allzu perfekten Schwiegersohns zu Tode langweilen wird. Prompt verdingt sich Alex als Leibwächter bei der reservierten Schönheit. In der sonnigen Kulisse Monte Carlos spielen sich fortan alle möglichen Verwirr- und Vexierspielchen ab, wenn auch nicht unbedingt so, wie von Alex geplant: Zum einen kommt ihm sein Berufsethos in die Quere, denn die beiden Verlobten scheinen perfekt zueinander zu passen und er trennt eigentlich nur unvereinbare Paare. Zum anderen – wie sollte es anders kommen – finden der Auftragslover und sein Opfer langsam aber merklich Gefallen aneinander.

Gegensätze ziehen sich an und Lügen sind bei einer Romanze hinderlich: Diese beiden Binsenweisheiten vermag diese leichte französische Komödie sehr amüsant zu variieren. Zwar erfindet Regisseur Chaumeil das Genre nicht neu, aber die Ausgangssituation, dass die Früchte der Verführung nicht geerntet werden, ist so originell, dass sie den Mangel an Überraschungen wett macht.

Außerdem stimmt die Chemie zwischen den Darstellern von Juliette und Alex. Während Vanessa Paradis gekonnt den beherrschten und kühlen Part ausfüllt, müht sich ein hyperaktiver Romain Duris ebenso gekonnt, sie aus der Reserve zu locken. Dabei wird Alex intellektuell wie physisch auf harte Proben gestellt. So gibt er vor, genau wie sie gerne Roquefort zum Frühstück zu essen und wippt betont auffällig im Auto zu den Klängen von Whams »Wake me up before you go go«, da Juliette eine heimliche Verehrerin von George Michael ist. Dass der Lieblingsfilm seines Opfers ausgerechnet »Dirty Dancing« ist, verlangt dem Tausendsassa dann noch zusätzliches Tanztraining ab und beschert dem Zuschauer die amüsantesten Szenen des Films.

Für Slapstick-Einlagen in dem französischen Kassenhit sorgen Juliettes nymphomanische Jugendfreundin oder Alex’ ungehobelter Schwager, der ihn mal als »polnischer« Handwerker, mal als rabiater K.-o.-Schläger in der Not unterstützt. So vergeht die Zeit schnell in dieser unterhaltsamen Komödie, die mit gutem Timing und witzigen Dialogen das Zwerchfell beansprucht und das Herz in dieser kalten Jahreszeit erwärmt.

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