Dicke Luft über Großkrotzenburg

Bei Aschaffenburg soll ein ohnehin umstrittenes Kohlekraftwerk weiter ausgebaut werden

  • Jörn Perske, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Ärgerliche Bürger in Großkrotzenburg unweit von Aschaffenburg: Viele haben die erste Teilgenehmigung für den Ausbau des Kohlekraftwerks mit Schrecken aufgenommen. Im Rathaus hingegen freut man sich auf höhere Steuereinnahmen.    

Großkrotzenburg. Der Schock sitzt tief. Seit der umstrittene Ausbau des Kohlekraftwerks Staudinger an der bayerisch-hessischen Landesgrenze vor wenigen Tagen in ersten Schritten genehmigt wurde, blicken viele Menschen in Großkrotzenburg und Umland sorgenvoll in die Zukunft. Sie fürchten durch die milliardenschwere Erweiterung mit einem sechsten Kraftwerksblock gewaltige Gesundheitsgefahren. Anwohner empfinden Machtlosigkeit gegenüber Politik, Behörden und Wirtschaftsinteressen. Andere sind wütend und kündigen weiteren Widerstand an.

Doch die Rathausspitze stellt sich hinter das Projekt des Energie-Riesen E.on. Bürgermeister Friedhelm Engel (CDU) befürwortet die Erweiterung. Sein Stellvertreter Bernhard Walter erklärt für den Urlaub machenden Chef: »Das Kraftwerk ist ein Markenzeichen von Großkrotzenburg.« E.on sei wichtigster Gewerbesteuerzahler, ein großer Arbeitgeber und ein willkommener Fernwärmeversorger der Gemeinde. Und: »Wenn Bürgerinitiativen dagegen sind, ist das deren Problem.« Für viele Bürger von Großkrotzenburg und Umgebung sind solche Sätze wie ein Schlag ins Gesicht. Ralf Trageser ist wütend. Der 42-Jährige wohnt mit seiner Familie und den Eltern direkt dem Kraftwerk gegenüber auf der anderen Mainseite.

»Es ist ein Wahnsinn, dieses Kohlemonster mit einer Technologie von gestern zu realisieren. Das wird eine riesige Belastung für alle.« Das Projekt sei gegen den Widerstand der Bürger durchgedrückt worden. »15 000 Unterschriften wurden dagegen gesammelt«, sagt er. Politik und Behörden wirft Trageser Klüngelei vor. »Was will man erwarten, wenn die schwarz-gelbe Koalition in Wiesbaden das Projekt will? Da ist es passend, dass Regierungspräsident Johannes Baron der FDP zugetan ist.« Die Tragesers drücken die Daumen, dass eine Klage den Bau eines der weltgrößten Kohleblöcke womöglich noch stoppen könnte.

Noch ist nichts endgültig. Doch sollte gebaut werden, würden neun Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 per anno ausgestoßen.

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