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Ben Alis Staatsmodell

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Potentat ist weg. Wie herausgesprungen aus den prunkvollen Gemälden, die es an öffentlichen Orten in Tunis zuhauf gibt und die einen sieggewohnten Herrscher Ben Ali zeigen, dessen weiser Ratschluss – ob Güte oder Strenge – gesetzesgleich ist. Diesen Übervater scheint es nun nicht mehr zu geben; ja, nie gegeben zu haben, denkt man an die Rede des Präsidenten vom Donnerstagabend.

Dort präsentierte sich ein – für einen arabischen verfassungsgestützten De-facto-Monarchen – geradezu demütig wirkender Ben Ali. Eine Regierung der nationalen Einheit sei »völlig machbar und sogar völlig normal«, lässt er erklären, wo es doch bisher des Präsidenten ganzer Stolz gewesen zu sein schien, so etwas wie Machtteilung in seinem Reich nicht kennen zu müssen. Sein von ihm handgeschnitztes Staatsmodell galt im Westen als Exportschlager: nach Demokratie aussehend, aber mit straffer Hand geführt; man ernennt nicht nur die Regierung, sondern auch die Opposition selbst. Alles ist überschaubar und pflegeleicht. Aber damit anfällig für typische Seuchen, die sich in orientalischen wie in allen transparenzarmen Palästen sehr heimisch fühlen. Und: Wo gehobelt und geschnitzt wird, fallen bekanntlich Späne, zuletzt immer häufiger, und das Äquivalent an Zuckerbrot blieb selbst für die Mittelschicht aus.

Ben Ali bittet – zum ersten Mal – um eine zweite Chance. Das ist neu an seinem Staatsmodell.

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